Er stieg von der Bühne, zog seine High Heels aus und ging an die Front

Iwan Gonzyk ist eine Diva, im Grunde aber einfach ein schwuler Mann. Nur, dass er manchmal gerne seine feminine Seite auslebt. Jetzt ist er Soldat. Unser Autor Evgen Lesnoy hat Iwan in seinem YouTube-Kanal interviewt. Auf der Grundlage des Video-Gesprächs ist dieser Text entstanden.

Iwan stammt aus der Region Cherson und zwar dem Teil, in dem gerade die russischen Besatzer ihr Unwesen treiben. Seine Eltern sind dort geblieben. Iwan selbst lebt schon seit einiger Zeit in Kyjiw.

Pole Dance auf High Heels

Unser Protagonist ist ausgebildeter Sanitäter. Er war bereits 2015 in der Armee, nahm an Kampfeinsätzen im besetzten Donbas teil.

Iwan ist ein kreativer Mensch: Er liebt das Tanzen und das Show-Business. Der gelernte Maskenbildner hat mit vielen ukrainischen Stars gearbeitet, die wir hier in Deutschland nicht kennen. Er hat selbst in Nachtclubs getanzt. Ein Mann beim Pole Dance auf Stöckelschuhen – was gibt es Schöneres!? Doch von dieser Welt musste er sich jetzt erstmal für eine Weile verabschieden.

Iwan in High Heels. Foto: privat

Als im Februar 2022 der große Krieg ausbrach, war Iwan klar, dass sein Land seine Dienste als Sanitäter jetzt erstmal dringender brauchte als eine Tänzerin an der Stange. Er packte seinen Rucksack, trat in die Armee ein und beschloss: Keine Geheimnisse mehr!

Die Offenheit mobilisiert Hilfe

Nichts mehr aus seinem Leben sollte vor irgendwem verborgen bleiben, schon gar nicht vor seinen Kamerad*innen! All die extravaganten Fotos und Videos auf Instagram waren ab sofort öffentlich zugänglich. In gewisser Weise war das sogar hilfreich.

All seine Follower, die mitbekamen, dass Iwan in den Kampf zog, sahen es jetzt auf Instagram und begannen, zu helfen.

Iwan organsiert Hilfe für Soldat*innen und die Menschen, die noch in den Städten nahe der Front wohnen. Er ist nicht mehr glamourös, sondern karitativ unterwegs, besorgte seinem Bataillon ein Auto, Waschmaschine und Mikrowelle. Über Medizin brauchen wir nicht zu reden.

Im Einsatz vor Bachmut

Aber Iwans Hauptaufgabe besteht jetzt eigentlich darin, Menschenleben zu retten. Mindestens dreimal pro Woche fährt er nach Bachmut, um dort verwundete Kämpfer*innen abzuholen.

Bachmut kennt man aus den Nachrichten! Seit einem halben Jahr versuchen die russischen Horden, die Stadt zu erobern.

Iwan führt auch einen Informationskrieg gegen Homo- und Transfeindlichkeit. Obwohl er in seinem Bataillon nicht direkt damit konfrontiert ist, muss er dennoch vieles erklären. Das archaische Verständnis von Familie und Liebe, insbesondere bei Menschen mit sowjetischer und postsowjetischer Erziehung, ist ein großes Problem.

Iwan sagt, dass er sich unter anderem deshalb geoutet hat, weil er sich wünscht, dass die Ukraine ein echtes europäisches Land wird, in dem Menschenrechte etwas zählen. Er sagt jetzt offen, dass er schwul ist und dass er im Krieg war, damit nach dem Sieg niemand sagen kann: Ihr LGBTIQ*-Leute wart nicht an der Front…

Russlands Staatsfeind: der schwule Mann

Im russischen Fernsehen wird er zur besten Sendezeit fast jede Woche als Hauptfeind vorgeführt. Wie kommt es, fragen die, dass sich ein Schwuler traut, sein Land zu verteidigen?

Einen Traum hat Iwan auch. Er möchte irgendwann einmal in zwei Ländern leben, der Ukraine auf der einen, in der Tschechischen Republik oder Spanien auf der anderen Seite. Er hat sich da noch nicht entschieden. Zuerst muss die Ukraine den Krieg gewinnen.

So könnt Ihr helfen


EINZELFALLHILFE Munich Kyiv Queer unterstützt mit einer eigenen, privaten Spendenaktion über www.paypal.me/ConradBreyer Menschen in der Ukraine, die nicht an queere Organisationen angebunden sind. Das ist direkt, schnell und gebührenfrei, wenn Ihr die Option „Geld an Familie & Freunde senden“ wählt. Wer kein PayPal hat, kann alternativ an das Privatkonto von Conrad Breyer, IBAN: DE42701500000021121454, Geld schicken. Wir helfen unsere Freund*innen und Partnern. Wir kennen sie persönlich und wir vermissen sie schmerzlich.

HILFE FÜR LGBTIQ*-ORGANISATIONEN Wir haben zum Schutz von LGBTIQ* aus der Ukraine das Bündnis Queere Nothilfe Ukraine mitgegründet. Ihm gehören um die 40 LGBTIQ*-Organisationen in Deutschand an. Sie alle haben ganz unterschiedliche Kontakte in die Ukraine und sind bestens vernetzt mit Menschenrechtsorganisationen vor Ort wie dem KyivPride, die Gelder für die Versorgung oder Evakuierung queerer Menschen brauchen. Spendet hier

Fragen? www.MunichKyivQueer.org/helfen

UNTERKUNFT FÜR QUEERE GEFLÜCHTETE AUS DER UKRAINE „Home is where the heart is“, lautet ein englisches Sprichwort, aber ein Herz alleine schafft noch keinen Wohnraum. Wir kümmern uns deshalb gemeinsam um Unterkünfte für queere Menschen. Wir mieten je nach Verfügbarkeit Zwei-, Drei-, Vier- oder Fünf-Zimmer-Wohnungen an und vermieten sie an Bedürftige in Form von Wohngemeinschaften weiter. Noch hat unser Verein keine Förderung, deshalb sind wir auf Spenden angewiesen. Wir müssen zum Beispiel Mieten und Kautionen vorstrecken, bis das Jobcenter einspringt.

  • Münchner Bank eG
  • IBAN DE16 7019 0000 0003 1425 66
  • Munich Queer Homes e.V.

Fragen? https://munichkyivqueer.org/munich-queer-homes/


Es klingt absurd: Aber Andrij hat mitten im Krieg eine Depression überwunden, in die er nach zwei Schicksalsschlägen schon vor dem Angriff Russlands geraten war. Heute hilft der junge schwule Mann aus Dnipro anderen und genießt sein Leben, wie er sagt. Unserer Freundin und Aktivistin Iryna Hanenkova hat Andrij gebeten, uns seine Lage zu schildern.

Mein Name ist Andrij, ich bin 22 Jahre alt und wohne in der Stadt Dnipro.
Es klingt komisch, aber als der Krieg begann, vergangenes Jahr, war ich bereits sehr deprimiert.

Ich trauerte um einen geliebten Menschen, der im Herbst 2021 verstorben war. Außerdem ging meine Beziehung nach mehreren Jahren in die Brüche. Ich musste umziehen und dann kam dieses Datum, der 24. Februar 2022.

Andriy und ein Freund. Photo: privat

Die ersten Tage habe ich einfach abgewartet und zitterte. Ich war ganz passiv, fragte mich, was wohl als nächstes passieren würde.

Ich habe mich bald freiwillig gemeldet

Ein paar Wochen vergingen, und ich beschloss, dass ich endlich nicht mehr nur herumsitzen, sondern auch irgendwie helfen wollte. Ich bin nicht wehrdiensttauglich, also habe ich beschlossen, mich freiwillig als ehrenamtlicher Helfer zu melden.

Das tue ich nun schon seit fast einem Jahr.

Wir sammeln Verschiedenes: Medikamente, Kleidung, Lebensmittel. Wir besorgen auch Autos und sogar Drohnen. Ihr könnt das alles auf meiner Instagram-Seite @andrii_yln in den Storys sehen.

Wir müssen jetzt einfach weiterleben

Warum sage ich „wir“? Weil es doch irgendwie eine gemeinsame Anstrengung ist. Mein Psychotherapeut und ein Psychologe haben mir vergangenen Sommer sehr geholfen, mit meiner Depression umzugehen. Selbst mit dem Krieg gelingt es mir jetzt, zu leben.

Jeder Tag kann der letzte sein: In meiner Stadt, Ihr wisst es aus den Nachrichten, erleben wir täglich Luftangriffe wie im ganzen Land. Hier ein VIDEO aus Berezovka, wo ich zu Beginn des Krieges lebte.

Heute denke ich, dass wir trotz allem weitermachen müssen, um unseren Leuten, auch unseren Soldat*innen, so gut wie möglich zu helfen. Wir bauen unsere Zukunft auf.

Wir werden gewinnen und alles wird Ukraine sein!

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