Sport, Art and Politics: Freedom Bells. Kreativer Protest in der LGBT-Community!
Sport und Kunst können die Welt verändern. „Politischer Widerstand, der kreativ ist, macht Spaß und hat Folgen“, sagt
Naomi Lawrence. Die Münchner Künstlerin hat – zusammen mit anderen Künstlerkolleg*innen sowie Sportler*innen aus der Ukraine und Bayern – eine Ausstellung kuratiert, die sich mit eben diesem Thema beschäftigt. Es geht um „kreativen Protest“.
In den Mittelpunkt von
Sport. Art and Politics: Freedom Bells rücken die Veranstaltenden sieben von verschiedenen Designern aus Bayern und der Ukraine bemalte Kettlebells. Die Sportart ist hierzulande vergleichsweise unbekannt, doch eignet sie sich hervorragend dafür, das Konzept des kreativen politischen Widerstands in Szene zu setzen und greifbar zu machen.
„Das Training mit den Kugelhanteln ist ein gutes Ganzkörpertraining, das uns auch mental stärkt. Kettlebells fördern Ausdauer und Koordination; sie verlangen Einsatz. Sie schulen die Willenskraft und sorgen für einen wachen Geist“, sagt
Olena Semenova. Die LGBT-Aktivistin und Ärztin aus der Ukraine, die sich im Vorstand der Organisation
New Wave for a better Future für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGBT) einsetzt, betreibt in Kyiw ihren eigenen Kettlebell-Club.
Im Namen der Kontaktgruppe
Munich Kyiv Queer, die im Rahmen der Städtepartnerschaft die Zusammenarbeit zwischen der Kyiwer und der Münchner LGBT-Community koordiniert, hat Naomi Lawrence einige ihrer Kolleginnen sowie LGBT- Aktivist*innen beauftragt, ihre eigenen Kugelhanteln zu gestalten, um auf die schwierige Menschenrechtssituation der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender speziell in der Ukraine aufmerksam zu machen.
Jede der sieben Kettlebells, die am Donnerstag,
20. November, ab 19 Uhr der Öffentlichkeit präsentiert werden, ist einem Begriff gewidmet, der im Kampf gegen Homophobie für die Autorin oder den Autoren eine besondere Rolle spielt: Naomi Lawrence zeigt sich demnach mutig (
відвага).
Hanne Kircher glaubt an die Liebe (
любов).
Martina Schradi schätzt Humor (
гумор) und
Sophie Schmid die Ausdauer (
стійкість).
Stanislav Mishchenko weiß, dass es Stärke braucht (
сила). Das Wort Geduld (
терпіння) passt zu
Hanna Zhytar. Olena Semenova schließlich hat in ihrem Leben erfahren, wie nützlich auch Charisma (
харизма) ist. Vier Tage lang sind die Kugeln in der
Galerie Robert Webers zu sehen, bis sie nach der Auktion das Haus verlassen. Die Versteigerung übernimmt
Sven Stabroth von der LGBT-Organisation
Fulcrum/Tochka Opori aus Kyiw. Er baut in der Ukraine eine Gruppe für Eltern homosexueller Kinder auf, die
Tergo heißt. Der Erlös kommt der Arbeit von Munich Kyiv Queer zugute.
Homophobie ist in der Ukraine salonfähig. Nur wenige Menschen „hassen“ Lesben und Schwule wirklich; die meisten aber schließen sich still der Mehrheitsmeinung an. Einer Umfrage der LGBT-Organisation
Nash Mir aus dem Jahre 2010 zufolge sind 72 Prozent aller Ukrainer*innen Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender gegenüber negativ eingestellt. Und nach einer Umfrage der Online-Zeitschrift
Objective sind 63 Prozent der Ukrainer*innen durchaus dafür, Propaganda für „Homosexualismus“ zu unterbinden – also ob gleichgeschlechtliche Liebe eine Ideologie wäre.
Der Homo-Hass ist getrieben von den evangelikalen und orthodoxen Kirchen im Land, die in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Menschen an sich binden, die Halt suchen. Der Staat braucht ihre Nähe, denn er hat in Politik und Wirtschaft lange versagt. Wenigstens moralisch will man also punkten. Einen Vortrag dazu halten am Freitag,
21. November, ab 19 Uhr
Kerstin Dehne und
Werner Gaßner vom
Landesarbeitskreis Queer.Grün.Bayern.
Neben den „Freedom Bells“ gibt es zum Ausstellungsmotto auch Bilder der Fotografinnen
Bethel Fath und
Monika Neuser sowie Gemälde von Naomi Lawrence zu sehen. Die Art Performance ‚When two tribes go to war‘ mit Naomi Lawrence,
Alex Bauer und
Julia Tiebert am Samstagabend,
22. November, inszeniert in theatralischer Weise den Kampf der Ukraine um die eigene Zukunft (siehe Plakatmotto: „LGTW – Let’s Go To War?“). Die Frage kommt auf, welche Position die LGBT-Community dabei einnimmt. Davor spielt die Rockband
Sally Rides; im Anschluss an die Performance zeigen die Filmemacher
Lorenz Kloska und
Alexander Vinogradov auf vielfachen Wunsch noch einmal ihre Dokumentation „
Raus aus dem Schatten“ über das Leben und die Arbeit von LGBT-Aktivist*innen in Kyiw. Etwas später noch gibt das
Daneben (Subkultur für Frauen und Transgender) die offizielle Afterparty für ALLE im Tröpferlbad.
Die Nürnberger Zeichnerin
Martina Schradi („Ach, so ist das?!“) bietet am Sonntag,
23. November, begleitend zum Comic-Workshop, an dem sich alle beteiligen können, die sich kreativ für ihre Sache einsetzen wollen. Der Workshop ist im Übrigen thematisch nicht auf LGBT-Politik beschränkt. Olena Semenova referiert im Anschluss zur Frage, wie Sport die Welt verändern kann („How sport can change your world“); sie führt vor dem Workshop von Schradi auch in den Kettlebells-Sport selbst ein.
PROGRAMM „Sport. Art and Politics: Freedom Bells“
Galerie Robert Weber, Gabelsberger Straße 70, 80333 München
Donnerstag, 20. November 2014
19.00 Uhr: Vernissage „Sport. Art and Politics“ mit Design-Kettlebells von
Hanne Kircher,
Naomi Lawrence,
Stanislav Mishchenko,
Sophie Schmid,
Martina Schradi,
Olena Semenova und
Hanna Zhytar, mit Bildern der Münchner Fotografinnen
Bethel Fath und
Monika Neuser sowie Gemälden von Naomi Lawrence
20.00 Uhr: Auktion „The Price of Freedom – Kettlebells for Sale“ mit
Sven Stabroth von der LGBT-Organisation Fulcrum/Tochka Opori, Kyiw
Freitag, 21. November 2014
19.00 Uhr: Vortrag „Die organisierte Homophobie“ mit
Kerstin Dehne und
Werner Gaßner vom
Landesarbeitskreis Queer.Grün.Bayern
Samstag, 22. November 2014
19.00 Uhr: Konzert mit der Rockband ‚Sally rides‘ (Garage-Rock unplugged). Mehr unter www.sallyrides.de
20.00 Uhr: Art Performance „When two tribes go to war“ mit Naomi Lawrence, Alex Bauer und Julia Tiebert
20.30 Uhr: Film „Raus aus dem Schatten“ mit Lorenz Kloska und Alexander Vinogradov
22.00 Uhr: After-Party im Daneben: „Dance. Art and Politics“ für ALLE Gender! Soli-Beitrag: 2,50 Euro; Tröpferlbad, Thalkirchner Str. 102
Sonntag, 23. November 2014
11.00 Uhr: Kettlebells-Schnupperkurs mit Olena Semenova, Kyiv Kettlebell Club; Anmeldung:
naomi@MunichKievQueer.org
15.00 Uhr: Comic-Workshop mit Martina Schradi aus Nürnberg, Kaffee und Kuchen; Anmeldung:
naomi@MunichKievQueer.org
18.00 Uhr: Vortrag „How sport can change your world“ mit Olena Semenova, Kyiv Kettlebell Club, und Conrad Breyer, MunichKyivQueer
Die Teilnahme an allen Veranstaltungen ist grundsätzlich kostenlos; Munich Kyiv Queer freut sich aber über Spenden. Für den Kettlebells-Schnupperkurs sowie den Workshop sollte Frau/Mann sich anmelden – und zwar unter
naomi@munichkievqueer.org.
Zurück zur Übersicht