Non-binär und an der Front: Antoninas Kampf um Anerkennung

In der Ukraine kämpfen viele trans* Menschen in der Armee. Sie wehren sich gegen den Aggressor, der ihr Leben bedroht. Sie setzen sich damit aber auch für Sichtbarkeit und Akzeptanz von LGBTIQ* ein wie Antonina. Eine Geschichte zum Transgender Day of Visibility von unserem Korrespondenten Evgen Lesnoy.

Seit neun Jahren sind Antonina und Sascha ein Paar. Und seit sieben Monaten gemeinsam in der territorialen Verteidigungseinheit des ukrainischen Militärs aktiv. Antonina Romanowa ist eine non-binäre Person; ihr Pronomen ist „sie“. Vor vielen Jahren lernte Antonina, damals noch Anton, Sascha kennen. Erst später wurde sie sich ihrer Identität bewusst.

Sascha schreckte das nicht. Er musste sich lediglich daran gewöhnen, seinen Lieblingsmenschen nun in weiblicher Form anzusprechen. Bis zur Invasion arbeiteten beide fürs Theater. Gemeinsam entwickelten sie konzeptuelle Stücke, Performances.

Antonina (r.) und Sascha. Foto: privat

Schon am dritten Tag nach Angriff der russischen Truppen meldeten sie sich in Kyjiw bei der Armee. Antonina sagt, da habe es keine große Wahl gegeben. Zitternd zu Hause sitzen und sich vor den russischen Raketen verstecken? Nicht für sie! Die beiden hatten sich vor dem 24. Februar 2022 kaum vorstellen können, jemals eine Waffe in der Hand zu halten. Wo doch gerade sie von ihren Nachbar:innen so oft für ihre offen gelebte „nicht-traditionelle“ Liebe verhöhnt worden waren.

Beim Militär erfüllte sich für Antonina ein Traum

Als sie zur Territorialverteidigung kamen, beschlossen sie, ihre Gender-Identität und sexuelle Orientierung nicht zu verheimlichen. Jede:r Militärangehörige muss einen Rufnamen haben. Antoninas Traum ging in Erfüllung: Sie durfte sich mit Rufnamen Antonina nennen. In ihren Dokumenten steht bisher noch Anton, doch sie ist überzeugt, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis sich das ändert.

Zunächst wurden die zwei in Kyjiw stationiert und ausgebildet. Sie lernten, mit Waffen umzugehen, Schützengräben auszuheben und sich vor russischen Drohnen zu verstecken. Dann hat man sie an die südliche Front verlegt. Jetzt kämpfen Sascha und Antonina.

Die LGBTIQ*-Community unterstützt die beiden. Alle haben Geld für ihre Uniformen, Panzerwesten und andere im Krieg wichtige Dinge gesammelt.

Antonina freut sich sehr, im Süden zu kämpfen, denn sie kommt von der Krim. Nach deren Annexion musste sie ihr Zuhause verlassen. Sie träumt davon, einst mit der ukrainischen Flagge auf ihre geliebte Krim zurückzukehren. Ihr großer Wunsch ist, dass der Pride einmal an der Küste der okkupierten Halbinsel stattfinden kann.

Die Angst vor dem Verlust

Ihrer beider größte Angst? Dass die/der andere umkommen könnte. Dann stünde der/dem Überlebenden laut Gesetz keine staatliche Hilfe zu, denn bisher gibt es in der Ukraine keine gesetzliche Regelung dafür. Sie hoffen, ja erwarten, dass die Ukraine demnächst ein Gesetz über gleichgeschlechtliche Ehen erlassen wird. Tatsächlich diskutiert das Parlament bereits darüber.

So könnt Ihr helfen


EINZELFALLHILFE Munich Kyiv Queer unterstützt mit einer eigenen, privaten Spendenaktion über www.paypal.me/ConradBreyer Menschen in der Ukraine, die Hilfe brauchen und nicht an queere Organisationen angebunden sind. Das ist direkt, schnell und gebührenfrei, wenn Ihr die Option „Geld an Familie & Freunde senden“ wählt. Wer kein PayPal hat, kann alternativ an das Privatkonto von Conrad Breyer, IBAN: DE42701500000021121454, Geld schicken.

HILFE FÜR LGBTIQ*-ORGANISATIONEN Wir haben zum Schutz von LGBTIQ* aus der Ukraine das Bündnis Queere Nothilfe Ukraine mitgegründet. Ihm gehören um die 40 LGBTIQ*-Organisationen in Deutschand an. Sie alle haben ganz unterschiedliche Kontakte in die Ukraine und sind bestens vernetzt mit Menschenrechtsorganisationen vor Ort, die Gelder für die Versorgung oder Evakuierung queerer Menschen brauchen. Spendet hier

Fragen? www.MunichKyivQueer.org/helfen

In Ukraine, many trans* people are fighting in the army. They are pushing back the aggressor who threatens their lives. But they are also campaigning for LGBTIQ* visibility and acceptance – like Antonina. This story was written due to the Transgender Day of Visibility by our correspondent Evgen Lesnoy.

They have been a couple for nine years now. They have also been working together in the territorial defence of the Ukrainian military for months. Antonina is a non-binary person and uses the pronoun „she“.

Before, Antonina (then still Anton) met Sasha. When, years later, she became aware of her identity, this did not frighten Sasha. He just had to get used to addressing his beloved partner in the female form.

Antonina (r.) and Sascha. Photo: private

Until the invasion, they both worked for the theatre. Together they developed conceptual pieces, performances. On the very third day after the Russian troops began invading Ukraine, they joined the Kyiv territorial defence unit. Antonina says there were not many choices: Sitting home shivering and hiding from the Russian missiles? Not for them.

Before 24th of February 2022, the start of the full-scale war, they could hardly have imagined ever picking up a weapon. They were often ridiculed by their neighbours and their environment for their open „non-traditional“ love.

When they joined the territorial defence unit, they decided not to hide their gender identity and sexual orientation. Antonina’s dream came true: Her name ANTONINA was accepted. Her documents still say Anton, but she is convinced that this is only a matter of time.

First, they were stationed in Kyiv and trained the whole time. They learned how to handle weapons, dig trenches and hide from Russian drones. Then they were transferred to the Southern front. Antonina was trained on the grenade launcher.

The whole LGBTIQ* community supports the couple. They collected money for their uniforms, armoured waistcoats and other war essentials.

Antonina is very happy to be now on the southern front because she comes from Crimea. She had to leave her home after it was annexed by Russia in 2014. She dreams of returning to her beloved Crimea with the Ukrainian flag. Her great wish is that the Equality March can soon take place on the coast of the peninsula.

Both fear though that their beloved partner might be wounded or die. In that case, according to the law, the surviving party would not be entitled to any state aid, because so far there is no legal provision for them in Ukraine. So Antonina and Sasha expect a law on same-sex marriages to be passed in Ukraine soon. There are indeed two drafts discussed in the Ukrainian Parliament.

This is how you can help


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HELP FOR LGBTIQ* ORGANISATIONS To support LGBTIQ* in Ukraine we have helped set up the Alliance Queer Emergency Aid Ukraine, in which around 40 German LGBTIQ* Human Rights organisations are involved. All these groups have access to very different Human Rights organisations in Ukraine and use funds for urgently needed care or evacuation of queer people. Every donation helps and is used 100 percent to benefit queer people in Ukraine. Donate here

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