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Prideblog 2017: Gewaltfrei kommunizieren und kreativ protestieren

21.08.2017 | cb — Keine Kommentare
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München in Odessa. Zum zweiten Mal unterstützen wir, Lesben und Schwule aus der Münchner Community, Trans* und Bi*, unsere Freundinnen und Freunde vor Ort. Die wagen sich zum dritten Mal an den OdesaPride. Letztes Jahr ist er gelungen, davor war er verboten. Immer hat es Übergriffe auf LSBTI-Einrichtungen gegeben. 2017 aber haben die Veranstalter*innen Großes vor, denn im Vorfeld findet drei Tage lang das Creative Protest Festival statt, das die Gay Alliance Ukraine, der CSD München und Munich Kyiv Queer gemeinsam konzipiert haben. Mit freundlicher Unterstützung der Deutschen Botschaft in Kyiw und des Münchner Kulturreferats übrigens. Münchens Oberbürgermeister hat an seinen Kollegen in der Schwarzmeerstadt sogar einen Brief geschrieben, in dem er um Unterstützung des Events und des Pride selbst bittet. Das Motto lautet: „Sicherheit, Gleichheit, Vielfalt! Odessa ist die Stadt der Zukunft.“

Das war eine aufregende Erfahrung für mich, diesen Workshop über gewaltfreie Kommunikation, bei dem es viel um konstruktive Sprache geht, in Englisch zu halten mit Übersetzung ins Russische. Und es war eine aufregende Erfahrung, das gesamte Creative Protest Festival mitzugestalten und gleichzeitig auf viele Rahmenbedingungen so wenig Einfluss zu haben.

Gleich am Anfang mussten wir zeitlich sehr flexibel sein und dabei überkam mich eine große Gelassenheit und Zuversicht. Gleichzeitig war ich in einem extrem hohen Modus von Konzentration, ich glaube das gilt für uns alle drei, die wir aus München Workshops in Odessa angeleitet haben.

Parallel gab es ein Reihe weiterer Workshops, so dass die Teilnehmenden immer wieder vor der Qual der Wahl standen. Ich hatte am Ende eine konstante Gruppe von sechs Teilnehmenden, aber manchmal waren es auch 15. In Deutschland würde mich das stressen, in Odessa waren die „Besucherinnen und Besucher“ wie Geschenke. So war mein Leitfaden wichtig und gleichzeitig immer wieder nur ein Anhaltspunkt auf dem Weg, nach gelungener konstruktiver Kommunikation zu suchen.

Die Teilnehmenden waren sehr offen mit ihren Anliegen. Ehrlich gesagt habe ich sie nicht immer gleich verstanden und musste mir das abends noch mal vergegenwärtigen. Am Ende konnten wir eine gute Balance finden zwischen dem Lernen der Schritte von gewaltfreier Kommunikation und den Fragen der Teilnehmenden. Sie waren sehr damit beschäftigt, wie sie gut mit eigenen aggressiven Gefühlen und denen von Mitmenschen umgehen können, fair in Konflikten agieren, aber auch verschlossene Menschen erreichen.

Alles Themen, bei denen gewaltfreie Kommunikation einen guten Ansatz bietet. Beeindruckt hat mich auch eine Diskussion, ob man in der Ukraine Schwächen zeigen darf und über seine Gefühle sprechen. Da gab es viel Skepsis und wir haben genau geprüft, welche Alternativen es gibt und wann gewaltfreie Kommunikation passt. Ich habe mich gefreut, dass im Schluss-Feedback viele gesagt haben, die Erfahrungen aus dem Workshop müssen erst noch innerlich hin und her gewendet werden, bis sie ihren Platz finden. Da scheint doch etwas angekommen zu sein.

Ich selber habe mich gefreut, so viele wertvolle, kompetente, liebenswerte, offene neue Menschen kennen zu lernen. Und ich habe mich sehr gefreut, mit welcher Herzlichkeit uns unsere ukrainischen Partnerinnen und Partner in Empfang genommen haben. Gewaltfreie Kommunikation will ja auch auf Augenhöhe kommunizieren und das ist so wunderbar gelungen. Ich bin am Ende erschöpft und erfüllt von Dankbarkeit.

[Uwe Hagenberg, Sprecher von Munich Kyiv Queer]

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