Richtig oder falsch?! Alle Antworten zum ESC in Kyiw
Im Sub hatten wir Euch anlässlich des Eurovision Song Contest in Kyiw nach den richtigen Antworten gefragt. Hier nun die Auflösung zu unserer Aktion:
1) Richtig oder falsch? Deutschland ist zweimal so groß wie die Ukraine.
Richtig. Deutschland passt mit seinen 357.022 Quadratkilometern fast zweimal in die Ukraine, die in Europa eine Fläche von 603.550 Quadratkilometern einnimmt. Dabei wohnen in Deutschland über 80 Millionen Menschen, in der Ukraine nur 44 Millionen. Was die Bevölkerungszahlen angeht, ist das Verhältnis also genau umgekehrt.
2) Richtig oder falsch? In der Ukraine sind CSDs seit 2012 verboten.
Der CSD, oder besser KyivPride, war in der Ukraine nie verboten. Allerdings ist die Pride-Bewegung noch recht jung: Erst 2012 haben sich einige Aktivist*innen zusammengetan, um einen Pride in ihrer Stadt zu organisieren mit einer Pride Week und dem „Marsch für Gleichheit“. Jeder ukrainische Bürger hat das Recht, friedlich für seine Meinung zu demonstrieren. So steht es in der Verfassung. Allerdings hat der KyivPride bis heute viele Gegner*innen: Nationalisten, religiöse Eiferer. Staat, Stadt und Polizei haben sich immer wieder geweigert, die Veranstaltung zu schützen. Das gelang nur 2013, 2015 und 2016 und selbst da hat es gewalttätige Übergriffe auf Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle gegeben. Der
KyivPride im vergangenen Jahr war ein historischer Errfolg mit über 2000 Besucher*innen aus allen Schichten der Gesellschaft. Über 6000 Polizisten haben den Marsch der Gleichheit begleitet.
3) Richtig oder falsch? In der Ukraine verhindert ein Gesetz jede Form von Gay Propaganda.
Falsch. Bis 2014 lag dem ukrainischen Parlament allerdings ein Gesetzentwurf zum Verbot so genannter Gay Propaganda vor, das es in Russland schon lange gibt. Nach den Neuwahlen im Oktober 2014 war er hinfällig. Doch würde der Entwurf wieder eingebracht, könnten die Lesben-, Schwulen und Trans-Organisationen des Landes, auch die Einrichtungen, die sich um HIV-Prävention kümmern, nicht mehr arbeiten. Jegliche Information über Homosexualität würde verboten, mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. In Russland hat das Gesetz zu einer von staatlicher Seite geförderten Hatz auf sexuelle Minderheiten geführt, die schlimmste Menschenrechtsverletzungen nach sich zieht. In den von pro-russischen Separatisten besetzten Gebieten im Osten der Ukraine und auf der Krim fliehen Lesben, Schwule und Transgender. In Donetsk haben die Herrschenden Homosexualität gar wieder verboten.
4) Richtig oder falsch? Kettlebells ist was für ukrainische Kühe.
Zuallererst: Kettlebells ist ein Sport, auch in München weiß man das inzwischen. Also nix Kuh. Eigentlich hat heutzutage jedes Gym die kleinen, bunten Hanteln mit dem handlichen Henkel im Angebot, aber niemand weiß so recht, wie damit trainieren. Die Kugelhantel ist keine bloße Hantel. Sie wird mit der Hand gehalten, aber bewegt wird sie von den großen Muskeln unseres Körpers, der Rücken- und Beinmuskulatur. Mit dieser kleinen Kugel – zum Standardrepertoire gehören 8, 12, 16, 20, 24, 28 und 32 Kilo – lässt sich so in nur einer einzigen Übung fast die gesamte Körpermuskulatur trainieren. Die Kugelhantel kommt wohl ursprünglich aus der Türkei, jedenfalls dem Begriff nach. Mit „schweren“ Kugeln haben einst die Kosaken trainiert, die gefürchteten Krieger der Steppe. Ihrer Gegner Sprache haben sie das Wort für „schwer“ entlehnt. Als die Kosaken dem russischen Zaren Treue schworen, hielt man im 19. Jahrhundert erste Kugelhantel-Trainings ab, bald auch in Frankreich und Deutschland. In der Sowjetunion entstanden später regelrechte Wettkämpfe. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs kam der Sport in den Westen. Heute ist er vor allem in den USA populär. In der Stielerschule bietet
Team München jeden Sonntag ein Training an, Munich Kyiv Queer hat den Sport aus Kyiw nach München gebracht.
5) Richtig oder falsch? Das berühmteste Weihnachtslied der Welt stammt aus der Ukraine.
Stimmt. „
Carol of the Bells“ ist vor allem in den USA, England und Irland populär. Dass der Ukrainer Mykola Leontovych das Lied 1914 komponiert hat, weiß aber fast niemand. Der Text stammt von Peter J. Wilhousky. „Carol of the Bells“ basiert auf auf einer ukrainischen Volksweise („Shchedryk“). Ihr kennt es bestimmt.
6) „Sieben, sieben, ai lyu -lyu, sieben, sieben, eins, zwei“ ist ein deutscher Schlager.
Eingefleischte Eurovision-Fans wissen – dem ist nicht so. Die Textzeile „Sieben, sieben, ai lyu -lyu, sieben, sieben, eins, zwei“ entstammt einem
Song, den der ukrainische Travestit Verka Serduchka 2007 in Helsinki aufgeführt hat. Andrij Danylko hat die Ukraine damals mit dem Titel „Dancing Lasha Tumbai“ vertreten und den zweiten Platz belegt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Verka Serduchka der Community angehört, das aber nicht offen sagt. Andrij Danylko stammt aus einfachen Verhältnissen. Mit seiner Kunstfigur hat er es in der Ukraine zu großem Erfolg gebracht.
7) Richtig oder falsch? ESC-Gewinnerin Ruslana war mal Premierministerin der Ukraine.
Die meisten wissen wohl, dass Ruslana Lyschytschko 2004
in Istanbul den Eurovision Song Contest für die Ukraine gewonnen hat. Die Sängerin war damals aber auch Abgeordnete der Verchowna Rada, des ukrainischen Parlaments. Sie hatte sich während der Orangen Revolution 2004 auf die Seite des Reformers Wiktor Juschtschenkos geschlagen, wurde Mitglied seiner Partei. Drei Jahre später legte sie ihr Mandat als Abgeordnete nieder. 2014, auf dem Euromaidan, war Ruslana wieder auf der Bühne und hat die Menschen motiviert im Kampf gegen die korrupten Eliten. Viele sähen sie bis heute gerne in der ukrainischen Politik.
9) Richtig oder falsch? Sexy Boxer Wladimir Klitschko ist Bürgermeister von Kyiw.
Leider nein. Sein Bruder Vitali ist Bürgermeister von Kyiw. Seit 2014, um genau zu sein. Im dritten Anlauf hat der ehemalige Boxweltmeister die Bürgermeisterwahl damals gewonnen mit seiner Partei UDAR, einer Reformpartei. Er tut sich allerdings schwer im Amt mit Reformen, dem Kampf gegen die Korruption, Investitionen. Auch mit LGBT-Rechten kann Klitschko nicht viel anfangen. Er hat sich immer wieder dezidiert gegen die Minderheitenrechte ausgesprochen. An der Spitze des KyivPride läuft er nicht mit. Wladimir dagegen muss sich von seiner letzten Boxschlappe noch erholen.
10) Richtig oder falsch? Kyiw ist Partnerstadt von Leipzig.
Kyiw ist seit 1989 Partnerstadt von München. Das wissen ja hoffentlich inzwischen alle. Aber auch Leipzig unterhält eine solche Partnerschaft mit Kyiw. Die ukrainische Hauptstadt pflegt mehrere Dutzend Städtepartnerschaften in aller Welt.
11) Richtig oder falsch? Am Strand des Dnipr trainieren Männer im größten Open-Air-Gym Europas. Lecker!
Yeah. Im Hippodrom-Park lässt sich’s sommers gut aushalten am Strand mit einem Glas Usvar in der Hand und dem Ausblick auf die Schönheiten der Stadt. Dafür müsst Ihr nur mal mit nach Kyiw fahren, wenn wieder Pride ist. Die Stadt hat auch für Touristen eine Menge zu bieten, auch für schwule.
12) Richtig oder falsch? Jede Nacht leuchtet in Kyiw die größte Fußgängerbrücke Europas in Regenbogenfarben.
Und bald auch noch der
Bogen der Völkerfreundschaft hoch über dem Dnipr. Die Stadtverwaltung hat ihn für den Eurovision Song Contest eigens in Regenbogenfarben bekleben lassen. Mal sehen, ob das bis zum KyivPride im Juni hält.
13) Richtig oder falsch? Ukrainischer Borschtsch macht süchtig. Weil Gras drin ist.
Er macht süchtig, weil er so gut schmeckt. Und natürlich ist Dill drin. Wir verraten Euch gerne das Rezept.
14) Richtig oder falsch? München und Kyiw liegen einander näher als München und Madrid.
1965 Kilometer gegen 1779. Wer hätte das gedacht? Liegt uns mental Madrid doch eigentlich viel näher.
15) Richtig oder falsch? Kyiw ist das neue Berlin.
Kyiw ist die Hipsterhauptstadt Europas. Dieser Typus ist zu erkennen an seiner skinny Jeans, dem transparenten Brillengestell, einem Bart und seinem Fortbewegungsmittel, dem Kickscooter. In seiner Tasche führt er stets eine Lomo-Kamera mit sich. Die gibt’s günstig am Andreassteig, wo man auch Matrjoschkas bekommt. Die sind allerdings was Russisches, pssst. Der Kyiwer Hipster sitzt am liebsten im Clock-Café, wo man nach Zeit bezahlt, oder in einer Bar, die Druschba-Cocktails serviert. Dann kommt der Hipster regelmäßig ins Schwärmen: „Kyiw hat so viel Potenzial.“ Bis ihm einfällt, dass „hier eigentlich nichts funktioniert“. Zum Trost sei gesagt: In Berlin auch nicht.
16) Richtig oder falsch? Der Gesundheitsminister sagt: „Es gibt keinen Sex in der Ukraine.“ So sad.
Der Gesundheitsminister war es nicht, aber der Satz fiel im sowjetischen Fernsehen tatsächlich, bezog sich allerdings auf die gesamte Sowjetunion. Wladimir Kaminer erinnert sich: „Es war Steve Jobs, der 1982 auf die Idee kam, Russen und Amerikaner in einer Fernsehsendung live miteinander reden zu lassen. Um Vorurteile abzubauen, Vorbehalte auszuräumen. Am 5. September 1982 fand die erste und gleichzeitig letzte Telebrücke statt. Zum ersten Mal hatten Russen und Amerikaner Gelegenheit, direkt miteinander zu sprechen. Trotz guter Vorbereitung ging einiges bei dieser Telebrücke schief, wie immer, wenn modernste Technik zum ersten Mal zum Einsatz kommt. Ein großer Blonder in einem Holzfällerhemd wollte wissen, wie es mit dem Sex in der Sowjetunion sei. Antwort auf diese hinterhältige Frage kam von einer molligen Dame mit einer komplizierten Frisur, die sich im entscheidenden Moment verhaspelte. Sie wollte dem Amerikaner eigentlich sagen, dass in der Sowjetunion kein Sex im Fernsehen gezeigt wird, schaffte aber nur den halben Satz: ‚Bei uns in der Sowjetunion gibt es keinen Sex, äh – äh …‘ Der Rest ging im Gekicher der Zuschauer unter. ‚Das glaube ich euch nicht!‘, blaffte der Holzfäller im Hemd . ‚Ihr seid doch alle irgendwie auf die Welt gekommen!‘ Es gab keinen Sex im Sozialismus! Die Amerikaner konnten noch einmal die Überlegenheit ihres Systems vorzuführen – sie gewannen die Telebrücke. Und die Dame mit der komplizierten Frisur hatte ihre Landsleute mithilfe der modernsten Kommunikationsmittel für immer zu Sex-Deppen abgestempelt. In Wirklichkeit gab es in der Sowjetunion natürlich jede Menge Sex, überall und rund um die Uhr. Es gab Gruppensex und Sex allein, es gab Sex im Kosmos und in der Landwirtschaft, zu Hause und bei der Arbeit, im Sitzen und im Stehen. Nur eben nicht im Fernsehen. (Aus: Wladimir Kaminer, „Es gab keinen Sex im Sozialismus. Legenden und Missverständnisse des vorigen Jahrhunderts“, 2009, Wilhelm Goldmann Verlag, München)
17) Richtig oder falsch? Männer im Hamsterrad gehören in der Ukraine traditionell zu jeder Hochzeitsfeier.
Die Bühne des ESC ist groß genug für Experimente. Nicht alles davon müssen wir verstehen. 2014 hat die Ukraine den Eurovision Song Contest eröffnet – mit einem Mann im Hamsterrad. Der lief und lief und lief. Und niemand hat verstanden, warum
Maria Jaremtschuk den Mann hinter sich laufen ließ, als sie ihren Beitrag darbot. Denn mit dem Song hatte der Act nichts zu tun. Egal, jedes Lied ist auf drei Minuten begrenzt. Dann kommen neue Merkwürdigkeiten, für die wir den Eurovision Song Contest doch so lieben.
18) Richtig oder falsch? Whoisit ist eine ukrainische Modemarke für Lesben.
Für Frauen, sagen wir mal. Anfang 2016 hat die ukrainische Modemarke allerdings für einiges Aufsehen gesorgt, als sie eine
Werbekampagne mit dem Slogan „We love Women“ schaltete, in der sich zwei Frauen zärtlich küssten. Ein klassischer Marketinggag, der hierzulande keinen mehr überraschen würde. In der Ukraine waren die Motive ein Skandal (und für die LGBT-Community ein Zeichen, dass sich die Verhältnisse langsam doch ändern). Whoisit bewies Mut, musste aber einen gewaltigen Shitstorm über sich ergehen lassen.
19) Richtig oder falsch? Matrjoschkas sind typisch ukrainische Babuschki (Großmütterchen).
Eben nicht!!! Siehe Antwort 15… Trotzdem kann man sie überall in Kyiw kaufen, mal handgemalt, mal aus China. Die Flohmärkte sind voll davon und ein nettes Mitbringsel sind die Matrjoschkas allemal. Noch besser aber ist Schokolade aus Lwiw. „Na zdarowie“, sagen wir da. Oder nicht?
20) Richtig oder falsch? In der Ukraine sagt man „Na zdarowie“.
Das sagt man nicht mal in Russland. Es heißt korrekt: „Za zdarowie“, wenn man einander zuprostet. „Auf die Gesundheit!“. „Na zdarowie“ gibt es freilich auch. Es bedeutet: „Wohl bekomm’s“ und man bekommt es zu hören, wenn einem die Verkäuferin die Einkäufe reicht oder der Kellner das Essen. Die meisten Ukrainer sind zweisprachig. Ukrainisch wird vorwiegend im Westen gesprochen, Russisch eher im Osten. Allerdings ist Ukrainisch generell sehr in Mode gekommen.
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