Allen Drohungen zum Trotz: Pride-Delegation in Aufbruchstimmung!
Die Münchner KyivPride-Delegation umringt Stadträtin Lydia Dietrich (grün, in der Mitte). Von links: Naomi Lawrence, Barbara Lux, Bob Henderson, Miriam Distler, Thomas Lechner, Bernd Müller, Alex Distler, Conrad Breyer, Lydia Dietrich, Stephan Schoeneich, Wieland Arndt, Harald Bayer, Maik Manschitz und Johannes Träumer. Foto: Alexander Kluge.
Vom 20. bis 27. Mai feiert Kiew, Münchens Partnerstadt, die Pride Week rund um den Kiewer „Christopher Street Day“. In den nächsten Tagen fahren die Mitglieder der knapp 20-köpfigen Delegation los. In Kiew erwarten sie Empfänge, Ausstellungen, Filme, Vorträge, Diskussionen und Partys sowie der March of Equality – die Kiewer „Politparade“ am 25. Mai. Den massiven Einschüchterungen zum Trotz wollen die Münchnerinnen und Münchner mitlaufen.
Leicht wird ihnen der Marsch durch die Straßen Kiews nicht fallen – so viel ist sicher. Auch wenn es um eine gute Sache geht und die etwa 20 Münchnerinnen und Münchner in ihrer Partnerstadt schlicht Flagge zeigen wollen, wenn am 25. Mai mehrere Hundert Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender unter dem Motto „Diskriminierung verbieten, nicht Information“ (Arbeitstitel) auf die Straße gehen. Sie kämpfen für gleiche Rechte und gegen das Anti-Gay-Propaganda-Gesetz, das – wie in Russland – bereits in erster Lesung das Parlament passiert hat. Über 3000 Rechtsradikale – so war es auf VKontakte, einer Art russischem Facebook, zu lesen – wollen den March of Equality mit Gewalt verhindern. Auch die im Parlament vertretene, ultrarechte Partei „Swoboda“ („Freiheit“) hat über ihren Pressesprecher mitteilen lassen, man werde gegen den „liberalen Faschismus“ (sic!) mobil machen und den Perversen verbal und körperlich entgegentreten. Sie wollen ihre „traditionellen Familienwerte“ schützen.
Maskottchen MucKi sammelt Geld für den KyivPride. Und macht sich auch sonst stark für die Partnerschaft zwischen München und Kiew.
„Das kann schon unangenehm werden“, sagt die bekannte Münchner Künstlerin Naomi Lawrence, die mit der Delegation aus dem Rathaus, der Community und Presse nach Kiew reist. Bürgermeister Hep Monatzeder führt die Gruppe an, gefolgt von Stadträtin Lydia Dietrich (Grüne) und Dr. Reinhard Bauer (SPD). Froh dabei zu sein, ist Lawrence trotzdem. „Der Gedanke von Unterstützung und Solidarität entspricht zutiefst meiner Weltanschauung. Wenn ich nichts tue, bekomme ich Angst.“
Die Organisatorinnen und Organisatoren des KyivPride sind auf alles vorbereitet. Die gesamte Pride Week haben sie mit Amnesty International zusammen geplant, auch das Sicherheitskonzept. Der Kiewer Stadtrat und die Polizei zeigen sich verhältnismäßig kooperativ – dass sich hoher Besuch aus München angekündigt hat, hilft. Der Pride findet unter größtmöglicher internationaler Beobachtung statt – die USA, die EU, zahlreiche Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen unterstützen die Demonstration.
„Natürlich können wir nicht sagen, ob wir alles erreichen“, sagt Stanislaw Mischtschenko, International Secretary des KyivPride. „Aber wir sind gewappnet. Es ist absolut wichtig, dass wir Sichtbarkeit zeigen. Wir sind eine gesellschaftliche Gruppe, die Schutz verdient. Das müssen unsere Politikerinnen und Politiker wissen.“
Wie auch immer – zumindest in der Pride Week vor dem March of Equality wird vieles gelingen. Offiziell beginnt das Programm am Mittwoch, 22. Mai, mit einer Eröffnungszeremonie. Am Tag darauf findet das „Kyiv Queer Film Festival“ statt, das wie die „Pride Party“ am Samstag (25. Mai) und die Wahl zum „Mr. Gay Ukraine“ am Sonntagabend, 26. Mai, zum offiziellen Unterhaltungsprogramm der Pride Week gehört. Am Abend vor der Parade bittet die Botschaft der Niederlande zum Empfang.
Aus Liebe wurde Ernst. Kiew und München sind sich in Freundschaft verbunden. Das wird jetzt schriftlich fixiert – mit Anklängen an die amerikanische Unabhängigkeitserklärung.
München ist die ganze Woche gut vertreten. Während der Eröffnungszeremonie spricht Conrad Breyer, der die Pride-Partnerschaft zwischen München und Kiew koordiniert, für die Stadt München und den CSD ein Grußwort. Am zentralen Veranstaltungsort der Pride Week zeigen die Veranstalterinnen und Veranstalter auch die Münchner Ausstellungen „Sie war ganz schlimm schön“ und „Verzaubert“, die die Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen nach Kiew gebracht hat.
Während des Empfangs in der niederländischen Botschaft werden die ukrainischen Partner*innen der Münchner Szene vor der versammelten internationalen Diplomatie eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnen und die Spenden überreichen, die die Münchner Lesben, Schwulen und Transgender in den vergangenen Wochen für den KyivPride eingesammelt haben. Danach bittet München zur „German Night“– mit Thomas Lechners „Candy Club“. Am Tag nach der Parade wird Stadträtin Lydia Dietrich in einer Feedback-Runde sprechen.
An Spenden sind insgesamt 2600 Euro zusammengekommen, mit denen die Pride-Macher nun zunächst zwei Foto-Ausstellungen, vor allem aber den Empfang in der holländischen Botschaft teilfinanzieren. Besonders engagiert gezeigt haben sich aus München die Vereine MLC inklusive Bavarian Mr. Leather und Forum Homosexualität, die größere Summen einbezahlt haben, wie auch viele ungenannte Privatspender.
Danke auch an das Münchner Schwulenzentrum Sub, das das Spendenkonto für Kiew eingerichtet hat, und alle anderen Partner der Spendenaktion „Unterstützt den KyivPride 2013“ wie CSD, InsideOut Munich, LeTra, Münchner Aids-Hilfe, Rosa Liste, Team München, TransMann, QueerCampus und QueerRelations, die die Initiative nach Kräften befördert haben.
„Wir freuen uns sehr darüber, dass unsere Partnerschaft mit Kiew nach nicht einmal einem Jahr so intensiv gelebt wird“, sagt Thomas Niederbühl, politischer Sprecher des CSD. „Mit unserer Präsenz auf dem KyivPride wollen wir solidarisch für die Rechte aller Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender eintreten – über die Grenzen hinweg. Wie es auch unserem diesjährigen CSD-Motto entspricht: „‚Wir wählen: Gleiche Rechte und Akzeptanz‘!“
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