CSD: Die Kyiwer Delegation wächst!

CSD 2015 Der Münchner Christopher Street Day hat seit jeher viel zu bieten. Die Münchner Lesben-, Schwulen-, Bi- und Trans (LGBT)-Community ist groß und engagiert. Seit drei Jahren mischen auch zunehmend Gäste aus der Ukraine mit. Kyiw ist Partnerstadt von München und jedes Jahr kommen mehr Aktivistinnen und Aktivisten in die bayerische Landeshauptstadt; 2015 sind es schon zwölf. Nicht alle sind offizielle Gäste des CSD; viele reisen auf Einladung anderer Organisationen oder einfach privat an, um ihre Kontakte in München zu vertiefen oder um an den Events in der Pride Week teilzunehmen. Kyiw und München kooperieren seit 2012 auch im LGBT-Bereich; die Kontaktgruppe Munich Kyiv Queer koordiniert. Im Kultur- und fachwissenschaftlichen Bereich entstehen so übers Jahr zahlreiche Projekte. Parallel existiert eine Pride-Partnerschaft zwischen München (CSD) und Kyiw (KyivPride). Die Landeshauptstadt unterstützt die Zusammenarbeit auch finanziell. Svjatoslav Sheremet ist das erste Mal in München. Die Gäste, die der CSD München in diesem Jahr einlädt, waren allesamt in die Planungen und Umsetzung des KyivPride 2015 involviert. Das sind Olena Shevchenko, Lesben- und Trans-Aktivistin von Insight, Olena Semenova, Ärztin, Kettlebells-Trainerin und Vorstand bei New Wave, die sich für die Belange von Lesben- und Regenbogenfamilien einsetzen, sowie Anastasiia Danylevska, die in Mykolajiw als PrePride ein Sport- und Kulturfestival für Lesben organisiert hat. Eingeladen sind auch Volodymyr Naumenko, Gay Alliance Ukraine, ein alter Bekannter, und – neu – Nazarii Boiarskyi, der bei der Menschenrechtsorganisation Coalition against Discrimination in Kyiw arbeitet.

Zwischen Wahl- und Herkunftsfamilie

Das Sub hat für eine Podiumsdiskussion am 6. Juli um 19.30 Uhr außerdem noch den Bodybuilder Sviatoslav Sheremet-Sheremetiev von der LGBT-Organisation Gay Forum Ukraine nach München geholt, der mit Olena Shevchenko und Nazarii Boyarskyi zum Thema „Community ist doch auch Familie, oder nicht?!“ debattiert. Der Sub-Berater Christopher Knoll moderiert. Sheremet-Sheremetiev und Boyarskyi gehören zu den profiliertesten Schwulen-Aktivisten des Landes. Knoll wird im Gespräch mit den Münchner Szenevertreter*innen DJane Eléni, Christian Schabel-Blessing (TransMann) und Christian Schultze (Sub) Unterschiede zwischen Kyiw und München herausarbeiten und zu erörtern versuchen, inwieweit die Community als Wahlfamilie auch Heimat und Identität stiften kann. Das Interessante daran ist, dass die Szene in beiden Städten komplett unterschiedlich funktioniert. In Kyiw zum Beispiel konkurrieren die Szenevertreter*innen um Ideen und Mittel; die meisten arbeiten hauptamtlich. In München engagieren sich viele ehrenamtlich; das gemeinsame Wirken steht im Vordergrund. Olena Globa setzt sich für LGBT-Rechte ein. Am 8. Juli sitzen dann Olena Globa und Birgitta Haug ab 19.30 Uhr im Erzählcafé. Es ist das erste Mal, dass – übrigens auf Einladung der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ – auch Heterosexuelle aus der Ukraine zum CSD nach München kommen Olena Globa hat einen schwulen Sohn in Kyiw; Birgitta Haug ist Mutter zweier lesbischer Töchter in München. Die Lebenswelten der beiden Mütter könnten unterschiedlicher nicht sein. Und doch eint sie die Sorge um die Zukunft ihrer Kinder und den eigenen Umgang mit deren Homosexualität. Beide sind in Elterninitiativen organisiert, die sie selbst mit ins Leben gerufen haben. Olena Globa leitet in der Ukraine die Organisation Tergo, Birgitta Haug gehört zur Münchner Elterngruppe. Die Moderation übernimmt Sven Stabroth, der Tergo in Kyiw mit Mitteln des Centrums für Integration und Migration CIM vor einem Jahr aufgebaut hat. Als Experten haben die Macher Dr. Martin Plöderl eingeladen, der an der Universität Salzburg zu Suizidprävention und LGBT forscht. HIer geht es um die Herkunftsfamilie. Familie ist nicht einfach – es braucht Regeln für das Zusammenleben, Respekt, Akzeptanz und viel Liebe. Nicht selten machen es die prägenden Geschlechterrollen den Menschen schwer, unabhängig von gesellschaftlichen Konventionen zu urteilen und zu handeln. Wie sehr festgelegte Gender-Funktionen unser Denken und Fühlen bestimmen, zeigt eine Ausstellung von Sven Stabroth schon am 5. Juli im Sub vor Beginn von Podiumsdiskussion und Erzählcafé. Min Her In der Ausstellung „Bittersüße Stereotype – Männerbilder auf Schokoladenpapier“ zeigt Sven Stabroth Schokoladenpapiere aus verschiedenen Ländern und Epochen. Die Themen: Fußball, Militär, Männermode, Teen-Idole, Körperkult, HIV/AIDS und Heldentum. Zur Illustration des Wandels in den Geschlechterrollen nutzt der Sammler Titel wissenschaftlicher Abhandlungen von Igor S. Kon. Der russische Soziologe hat sich Zeit seines Lebens mit der Wechselwirkung von Kultur und Sexualität auseinandergesetzt. Die Titel seiner Veröffentlichungen konterkarieren die Exponate auf humorvolle und kritische Weise. Ausstellungseröffnung ist am Sonntag, 5. Juli, um 19.30 Uhr im Sub-Café in Anwesenheit des Künstlers. Sämtliche Gäste aus der Ukraine – darunter die Psychologin Maryna Didenko von der LGBT-Organisation Fulcrum und privatreisende Aktivist*innen wie Stanislav Mishchenko, der schon häufig in München war und Teil der Szenekooperation ist, nehmen am Rahmenprogramm teil, das der Münchner CSD für die Leute aus Kyiw organisiert. Sie besuchen unter anderem das Münchner Rathaus, die städtische Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen, das ukrainische Generalkonsulat, das neue NS-Dokumentationszentrum; sie werden vorstellig bei den zahlreichen LGBT-Organisationen der Stadt wie Sub, LeTRa, Münchner Aids-Hilfe und Aufklärungsprojekt, verfolgen eine Präsentation zum „Fortbildungspaket Homosexualität“, mit dem LeTRa und Sub soziale Einrichtungen und Behörden über Lesben und Schwule aufklären. KyivPride 2015 Nicht zuletzt laufen sie bei der Politparade am 11. Juli mit – zusammen mit Munich Kyiv Queer. Die Gruppe plant einen spektakulären Auftritt zum Thema „Menschenrechte“; am Marienplatz stellt sie einen Infostand auf. Die Ukrainerinnen und Ukrainer sollen sich in München aber auch erholen können – der KyivPride hat in diesem Jahr nur unter hohen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden können; am Tag des „March of Equality“, dem 6. Juni, sind viele Polizisten und Aktivisten verletzt worden, als rechte Gruppen Jagd auf die Teilnehmer machten. Solidarisch stand ihnen eine Delegation aus München zur Seite. Auch das ist Familie!

DAS PROGRAMM IM EINZELNEN

Sonntag, 5. Juli 2015, 19.30 Uhr; Sub, Müllerstraße 14 Ausstellung: „Bittersüße Stereotype – Männerbilder auf Schokoladenpapier“ Schokolade war immer ein Genussmittel für die Frau; Männer verschenkten Schokolade höchstens. Die Werbung im 19. Jahrhundert legte das Geschlechtermodell der Zeit fest. Frauen waren zwar häufiger dargestellt als Männer, dafür meist auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter reduziert. Ein Wandel setzte erst ein, als sich die Hersteller auf die Suche nach neuen Absatzmärkten machten und gezielt Männer ansprachen. Fortan war Schokolade als Notration im Militär ein Muss. Die Verpackungen veränderten sich parallel. Bis heute tragen sie zur Inszenierung von Geschlechterrollen bei. Sven Stabroth zeigt Schokoladenpapiere aus verschiedenen Ländern und Epochen. Die Themen: Fußball, Militär, Männermode, Teen-Idole, Körperkult, HIV/AIDS und Heldentum. Zur Illustration benutzt der Sammler Titel wissenschaftlicher Abhandlungen von Igor. S. Kon. Der russische Soziologe hat sich Zeit seines Lebens mit der Wechselwirkung von Kultur und Sexualität auseinandergesetzt. Die Titel seiner Veröffentlichungen konterkarieren die Exponate auf humorvolle und kritische Weise. Ausstellungseröffnung am Sonntag, 5. Juli, um 19.30 Uhr im Sub-Café in Anwesenheit des Künstlers. Die Bilder hängen bis zum 26. Juli in der Müllerstraße. Montag, 6. Juli 2015, 19.30 Uhr; Sub, Müllerstraße 14 Podiumsdiskussion: „Community ist doch auch Familie, oder nicht?!“ Der Sub-Beitrag zur Pride Week. Was für eine Familie sind wir? Was eint, was trennt uns? Kann uns die Community Halt und Identität geben? Eingeladen sind Szeneleute aus München und unserer Partnerstadt Kyiw. Die Community funktioniert in beiden Städten völlig unterschiedlich; ein Vergleich. In Kyiw konkurrieren die Szenevertreter*innen um Ideen und Mittel; die meisten arbeiten hauptamtlich. In München sind viele Ehrenamtliche engagiert. Es sprechen am Montag, 6. Juli, 19.30 Uhr, DJane Eléni, Christian Schabel-Blessing (TransMann) und Christian Schultze vom Sub für München. Auf Kyiwer Seite sind vertreten: Olena Shevchenko, Lesben- und Trans-Aktivistin von Insight, der Bodybuilder Sviatoslav Sheremet-Sheremetiev von der LGBT-Organisation Gay Forum Ukraine sowie Nazarii Boiarskyi von der Coalition against Discrimination. Sheremet-Sheremetiev und Boiarskyi gehören zu den profiliertesten Aktivisten des Landes. Alle drei UkrainerInnen gehen mit der Szene anders um. Die Moderation übernimmt Christopher Knoll, Co-Leiter der Sub-Beratungsstelle. Eine Veranstaltung von Sub, CSD München und Munich Kyiv Queer. Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferates. Mittwoch, 8. Juli 2015, 19.30 Uhr; Sub, Müllerstraße 14 Erzählcafé: „Wir sind besorgt! Zwei Mütter kämpfen für die Rechte ihrer homosexuellen Kinder“ Birgitta Haug ist Mutter zweier lesbischer Töchter in München, Olena Globa hat einen schwulen Sohn in Kyiw. Die Lebenswelten der beiden Mütter könnten unterschiedlicher nicht sein. Und doch eint sie die Sorge um die Zukunft ihrer Kinder und den eigenen Umgang mit deren Homosexualität. Beide sind in Elterninitiativen organisiert, die sie selbst mit ins Leben gerufen haben. Olena Globa leitet in der Ukraine die Organisation Tergo, Birgitta Haug gehört zur Münchner Elterngruppe. Die Moderation im Erzählcafé am Mittwoch, 8. Juli, übernimmt ab 19.30 Uhr Sven Stabroth, der Tergo in Kyiw mit Mitteln des Centrums für Integration und Migration CIM vor einem Jahr aufgebaut hat. Als Experten haben die Macher des Erzählcafés Dr. Martin Plöderl eingeladen, der an der Universität Salzburg zu Suizidprävention forscht. Eine Veranstaltung von CSD München, Tergo, GIZ, CIM, Sub und Munich Kyiv Queer. Mit freundlicher Unterstützung des Kulturreferats. Zurück zur Übersicht