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Die Tage hier sind voll, bunt und heiß. Es ist Sommer in Kyiw, die Zeltstadt am Maidan ist verschwunden, Soldaten sind allgegenwärtig, erinnern an den Krieg im Osten. Vom Balkon, an der Kreschatik, kann man Straßenmusik hören, Streicher und ein paar Gitarren. Es sind sicher 28 Grad, als wir uns am Morgen vor der Heinrich-Böll-Stiftung treffen; ein Traditionsbesuch jedes Jahr zum Pride.
Anna Dovgopol, die Programmkoordinatorin u.a. für LGBT-Themen, stellt Arbeitsfelder und Projekte vor, erzählt von der Eröffnungszeremonie, die heute Abend stattfinden wird, aber die große Frage, um die in diesen Tagen jedes Gespräch kreist, steht auch hier im Mittelpunkt: Wird am Samstag die Parade stattfinden? Die norwegische Botschaft gibt zu Beginn der Pride Week traditionell einen Empfang. Gestern hat es dafür eine Bombendrohung gegeben. Die Konsequenz: viel Polizei und große Betroffenheit bei den Ländervertreter*innen. So viel zum Thema: „Ihr werdet hier doch nicht diskriminiert“.
Ein Teil der rechten Szene hat bereits Gewalt angedroht, wenn es zu einem Pride-Marsch am Samstag kommen sollte – andere rechte Gruppen wollen sich angeblich zurückhalten. Durch den Krieg im Osten sind Menschen an Waffen gekommen, die irgendwo im Kyiwer Untergrund unterwegs sind. Die Queer-Aktivist*innen sind mit ihrem Kampf um Rechte für LGBTI*s in der deutlichen Unterzahl, sie werden als „Spalter“ empfunden, als Anstifter zum Unfrieden innerhalb eines Landes, das sich ohnehin bedroht fühlt, das sich nach „Frieden“ sehnt.
Im letzten Oktober ist im unmittelbaren Vorfeld eines LGBTI*-Films ein Kino abgebrannt. Noch größer sind seitdem Angst und Unwille, öffentliche Orte für queere Aktionen zur Verfügung zu stellen. Von Homophoben ist bereits ein offener Brief an die Kyiwer Regierung eingegangen; sie wollen, dass der Marsch verboten wird. Auch Botschaften haben Briefe formuliert – sie wollen, dass der Marsch stattfindet. Die Polizei verhält sich beim gemeinsamen Treffen mit Botschaftern und Pride-Organisatoren sehr aggressiv und ablehnend. Sie erzählen von vielen Gewalt- und Bombendrohungen. Vielleicht ist das eine Taktik, um die Organisator*innen abzuschrecken?
Denn eines ist klar: Die Veranstalter*innen wollen auf keinen Fall, dass jemand zu Schaden kommt, und letztes Jahr wurde die Parade wegen mangelnden Polizeischutzes abgesagt. Die Vorfreude auf die Pride Week ist aber dennoch ungebremst. Am Nachmittag besuchen wir Taras Karasiichuk in der Gay Alliance Ukraine. Er leitet die Organisation. Eine Psychologin dort erzählt uns von sozialen Theaterstücken, die überall im Land auf die Situation von diskriminierten Bevölkerungsgruppen aufmerksam machen und zum Nachdenken und zur Diskussion anregen sollen, von kreativen Erklärvideos und einer Plakatkampagne gegen verbale Gewalt: „Sag nicht Schwuchtel, sag Schwuler“. Es ist schön zu sehen, mit wie viel Power und Herz(blut) hier gemeinsam gekämpft wird, aller Entmutigungen zum Trotz und obwohl nicht klar ist, ob die Parade, Höhepunkt des KyivPride 2015, stattfinden wird.
Politiker und „verdeckt Homophobe“ sprechen über die Parade zynisch als Party. Denn eines ist klar: Einer Party in Kriegszeiten, die eine Unterstützung von 1.200 Polizisten bedarf, um überhaupt stattfinden zu können, kann man „guten Gewissens“ politische Unterstützung verweigern. Bei einer Demo zum Kampf um Menschenrechte wäre das politisch deutlich schwieriger. Sich über derlei Polemik aufzuregen, ist leicht. Sie zeigt aber auch deutlich, dass wir „Westeuropäer*innen“ in der Art, wie wir unsere Gay Prides feiern, eine große Verantwortung haben. Denn wenn unsere CSDs von außen nicht mehr als politische Veranstaltungen gelesen werden, generieren wir ein Bild, das unfaire und ignorante Argumentationen dieser Art füttert.
[Text: Stephanie Olbrich]
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