Für Menschenrechte: Stadt München unterstützt KyivPride zum vierten Mal!
Pride in Kyiw abgesagt – die Polizei begründet das mit dem Krieg im Osten. Klitschko nennt das „undemokratisch“ – zeigt aber Verständnis…
Kyiw lässt sich nicht unterkriegen im Kampf um Menschenrechte. Die Szene vor Ort richtet zum vierten Mal den
KyivPride aus – dieses Jahr vom 2. bis inklusive 8. Juni. Die Landeshauptstadt begleitet den „CSD“ in ihrer Partnerstadt bereits seit 2012. Aus München reisen Stadträtin
Lydia Dietrich sowie eine Gruppe von Szenevertreter*innen an; aus Brüssel und Berlin kommen Abgeordnete. Stadträtin Lydia Dietrich fährt in Vertretung Oberbürgermeisters
Dieter Reiter.
Für Menschenrechte ist immer Zeit! Trotz des Krieges im Osten des Landes, trotz der Wirtschaftskrise, trotz wachsender Homo- und Transphobie wollen die Veranstaltenden des KyivPride, des Kyiwer „Christopher Street Day“, in der Ukraine auch in diesem Jahr für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGBT) einstehen und auf die Straße gehen. Vom 2. bis 8. Juni lädt in Münchens Partnerstadt das International Forum KyivPride 2015 die gesamte LGBT-Community des Landes nach Kyiw ein. Eine Woche lang gibt es politische, kulturelle und fachwissenschaftliche Veranstaltungen. Für Samstag, 6. Juni, ist die große, öffentliche Demonstration geplant. Die Landeshauptstadt erklärt sich gegenüber dem KyivPride auch in diesem Jahr solidarisch.
Stadträtin Lydia Dietrich (Bündnis 90/Die Grünen) fährt erneut mit nach Kyiw – und zwar einmal mehr in Vertretung von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Auch
Dominik Krause, Stadtrat Bündnis 90/Die Grünen, wird in diesem Jahr die Aktivitäten in Kyiw verfolgen. „Wir treten ohne Unterlass für unsere Freundinnen und Freunde in Kyiw ein. Es geht hier um Menschenrechte und das wiederholen wir gerne, auch wenn uns manche Leute lieber nicht auf der Straße sehen wollen.“
Dietrich hat die Kooperation auf LGBT-Ebene zwischen Kyiw und München 2012 Jahren selbst ins Leben gerufen, als sie mit dem Sub-Berater
Sascha Hübner beim ersten, gescheiterten, KyivPride zugegen war. Seitdem findet der KyivPride mit einer Pride Week jedes Jahr statt; die öffentliche Demonstration gab es bislang allerdings nur einmal, im Jahr 2013. Damals war Münchens Bürgermeister
Hep Monatzeder vor Ort. Hunderte Polizisten schirmten die Demonstrierenden vor den aggressiv auftretenden Gegnern in einem Korridor ab. Im vergangenen Jahr wollte die Polizei den Protestzug aufgrund angeblicher Sicherheitsrisiken nicht schützen; so fand spontan ein Flashmob statt.
Neben Dietrich und Krause reisen aus dem Europaparlament in Brüssel die Abgeordnete
Terry Reintke und aus dem Bundestag in Berlin die Abgeordnete
Beate Walter-Rosenheimer an. Die LGBT-Sektion im Europaparlament wird außerdem eine schriftliche Solidaritätsadresse nach Kyiw schicken.
Die Veranstalterinnen und Veranstalter des KyivPride haben vom 2. Juni bis inklusive 8. Juni ein umfangreiches Rahmenprogramm für die Lesben-, Bisexuellen-, Schwulen- und Trans-Community organisiert mit Workshops für Aktivist*innen, Empfängen, mit Lesungen, Debatten, Filmen, Konzerten und Partys, zu der auch die Münchner Delegation ihren Teil beiträgt. Sie bringt zwei Ausstellungen nach Kyiw mit – und zwar
Andrea Sömmers Portraitserie „RandGRUPPE“, die schon im Münchner Schwulenzentrum Sub hing und die die Ausgrenzung in der eigenen Minderheit, der (Lesben-)Szene, dokumentiert. Zu diesem Thema wird es eine Podiumsdiskussion während der Kyiwer Pride Week geben, an der auch die Künstlerin
Naomi Lawrence und die Münchner Aktivistin
Sibylle von Tiedemann ihre Ansichten äußern. Außerdem präsentieren die deutschen Gäste Fotografien von
Monika Neuser, die die Geschichte der Münchner Lesbenbewegung erzählen. Die Partnerschaft zwischen KyivPride und CSD soll lesbische Frauen sichtbarer machen.
Des Weiteren beteiligen sich die Münchner Queer-Aktivistin
Kerstin Dehne und der Aktivist
Werner Gaßner aus München an einer Debatte über die Anti-Gender-Bewegungen, die jüngst in ganz Europa entstanden sind. Ihren Einsatz leisten sie zur evangelikalen Gruppe der „Besorgten Eltern“, die in Deutschland und der Ukraine aktiv ist.
Lorenz Kloska und
Alexander Vinogradov zeigen in Kyiw ihren Dokumentarfilm „Raus aus dem Schatten“, der das Leben von LGBT-Aktivist*innen in der Ukraine zeigt. Er hatte in Kyiw und München bereits Premiere. Und schließlich laden wir die queere Band
Tubbe nach Kyiw ein, die im Lift-Club ein Konzert gibt.
Die ganze Woche über werden die Münchnerinnen und Münchner Vertreterinnen und Vertreter der Kyiwer LGBT-Organisationen treffen, aber auch einige politische Stiftungen besuchen sowie die
GIZ. Einen Empfang in der
Deutschen Botschaft gibt es ebenfalls.
Die ukrainische LGBT-Community setzt ihren Kampf trotz der erschwerten politischen Bedingungen im Land und trotz wirtschaftlicher Probleme fort. „Es ist nicht einfach“, sagt
Stanislaw Mischtschenko, beim KyivPride zuständig für die Kommunikation mit den internationalen Partnern. „Viele sind frustriert und ausgebrannt, es fehlt an Geld, der Krieg hat die Gesellschaft radikalisiert. Unsere Politikerinnen und Politiker reden sich beständig mit dem Krieg im Osten heraus, wenn es um Reformen und Menschenrechte geht. Das zermürbt.“
Der Pride-Slogan lautet dieses Jahr denn auch: „Human Rights are always on time“. Die Lesben und Schwulen, die Bisexuellen und Transgender im Land wollen zeigen, dass Menschenrechte ein Grundrecht für alle Bürgerinnen und Bürger sind, dass eine freie und gerechte Ukraine ohne sie nicht möglich ist. Und sie wollen Vorurteile abbauen. Homo- und Transphobie sind in der Ukraine weit verbreitet, eine gewaltbereite Minderheit macht sich regelmäßig verbaler und tätlicher Übergriffe schuldig. Für 2014 hat die Menschenrechtsorganisation Nash Mir aus Kyiw über 50 Diskriminierungsfälle dokumentiert. Darunter sind auch der Brandanschlag auf das Programmkino Zhowten im vergangenen Herbst und die Äußerung des Kyiwer Bürgermeisters, Vitali Klitschkos, im Krieg sei keine Zeit für eine Karnevalsveranstaltung wie den KyivPride. „Klitschko hat nichts verstanden“, sagt Mischtschenko. „Wie unser Motto sagt: Menschenrechte stehen immer auf der Agenda.“
Die Demonstration zum KyivPride steht für Samstag, 6. Juni, auf dem Programm. Die deutsche Delegation aus Brüssel, Berlin und München wird mitlaufen.
Der CSD wird in München seit 1980 gefeiert. Zehntausende Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender gehen Jahr für Jahr auf die Straße, um unter wechselndem Motto Akzeptanz und rechtliche Gleichstellung einzufordern. Gesellschafter der CSD München GmbH sind die Lesbenberatung LeTRa, die Münchner Aids-Hilfe, die Wähler*innen-Initiative Rosa Liste und das Münchner Schwulenzentrum Sub. Motto 2012: „Fight for Global Rights – Solidarität kennt keine Grenzen“. Im Nachgang der Veranstaltung ist die Münchner Szene eine Kooperation mit ihrer Partnerstadt Kyiw eingegangen. In diesem Jahr lautet der Slogan: „Familie ist, was wir draus machen“.
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