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Im Queer Home haben sich alle versammelt – Vitalik und Nina, Denis und Stas, Vova sowie Olhya und Tanja. Sie machen fertig, was sie gestern begonnen haben. Das Regenbogenmännchen mit den positiven Eigenschaften kriegt noch Blumen auf den Fuß, es fehlen Plastiktüten für die Mülltrennen-Aktion und Stas schreibt in kyrillischen Lettern den Slogan des Tages auf den russischen Papp-Fernseher. „Fernseher ein, Hirn aus“, lautet der.
Insgesamt sechs kleine Aktionen wollen die LGBT-Aktivistinnen und Aktivisten gleich starten. Es sind die Ergebnisse des Workshops „Kreativer Protest“, den Naomi Lawrence und Bethel Fath, beide von Munich Kyiv Queer, zwei Tage lang angeleitet haben. Die Ideen dafür kamen von den Leuten in Odessa selbst und sie haben gelernt, wie einfach sie umzusetzen sind mit Phantasie, ein bisschen Karton und Farbe.
Trotzdem ziehen sich die Debatten um das Wo und Wie hin. Die Frauen und Männer wollen mit einer einfachen Geschichte anfangen, irgendwo, wo nicht so viel Publikum ist, ein Foto schießen und wieder weggehen. In der ganzen Stadt ist viel Polizei versammelt – es waren Proteste prorussischer Kräfte zum Samstag angekündigt, stattgefunden haben sie nicht. „Trotzdem ist es ratsam, die Leute nicht zu provozieren“, sagt Volodymyr Naumenko von der Gay Alliance Ukraine in Kyiw. Er hat dort die Aufsicht über die Queer Homes der Organisation, die sie in Kyiw, Odessa, Zhytmoyr und Kryvyi Rih betreiben. Beim KyivPride kümmert er sich regelmäßig um die Sicherheitsfragen.
Aus Kryvyi Rih im Zentrum des Landes sind einige Männer nach Odessa gereist, um uns in diesen Tagen zu begleiten. Nachdem sie ein bisschen zugeschaut haben, gehen sie wieder. Sie wollen sich an politischen Aktionen nicht beteiligen. Das gibt nur Ärger, sagen sie.
Der Plan steht nach zähem Hin und Her jetzt fest: Wir beginnen mit der Potemkischen Treppe laufen dann an der Hafenpromenade entlang zu den Arkaden des Woronzow-Palais. Auf dem Weg platzieren wir unsere Papp-Proteste. Nina und Tanja bringen die fertigen Werkstücke mit dem Auto, wir treffen uns oberhalb der Treppe am Richelieu-Denkmal.
Vor Ort packen wir erstmal einen orangenen Smiley-Würfel aus, den wir am Rande der Potemkinschen Treppe aufstellen. Schnell beziehen die Touristen unsere kleine Gute-Laune-Box in ihre Fotografien ein. Viele Leute müssen unwillkürlich lächeln; Kinder lieben ihn. Wir lassen den Smiley zurück – die Leute schauen irritiert.
Auf dem Weg zu den Arkaden finden wir eine Mülltonne. Nina und Vova bekleben sie mit einem Transparent, auf dem steht: „Warum trennen wir in der Ukraine keinen Müll?“. Ein Tourist schießt ein Bild. Nina heftet verschiedene Plastiktüten an die Tonne und versieht sie mit den Aufschriften „Metall“, „Organisches“, „Plastik“. Wir ziehen weiter.
Auf einer Fußgängerbrücke stellt Vitalik seine Giftspritze auf, mit der er und seine Freunde gegen die Umweltverschmutzung im Hafen von Odessa protestieren. Sie lehnt am Geländer und injiziiert viel Grünes in den Beton. Etwas weiter hat der Aktivist, der in Odessa einen Radclub für Lesben, Schwule und Transgender leitet, zwei Verkehrsschilder aufgestellt. Eines zeigt einen Radweg an, ein anderes sagt, dass der Radweg hier endet. Die beiden Schilder widersprechen sich offensichtlich und sollen so darauf aufmerksam machen, dass es in Odessa zu wenige gekennzeichnete Wege für Radfahrer gibt. Radfahren kann hier lebensgefährlich sein.
Hinter der Brücke steht eine Metall-Skulptur in Herzform; hier bringen frisch verliebte Paare Liebesschlösser an. Unter das Herz legen wir unseren Regenbogenmann mit den positiven Eigenschaften: Er steht für Stolz, Liebe, Vielfalt. Ohne es zu merken, fotografieren ihn viele Passanten ganz automatisch, wenn sie das Eisen-Herz aufnehmen. Aktivismus kann so einfach sein!
Jetzt kommt der schwierige Höhepunkt. Wir laufen zu den Arkaden, ein beliebtes Fotomotiv. Tanja, bekannt vom Rock Camp in München, bringt den Putin-Kopf aus Pappmaché aus ihrem Auto. Wir stellen den Pappfernseher vor die Säulenkolonnade; Olhya stellt sich daneben und setzt sich den Putin-Kopf auf. Die Leute schauen neugierig, manche lachen, schießen Fotos. Eine Eis-Verkäuferin am Platz vor den Arkaden kommentiert das Ganze: „Da hätten Sie auch gleich noch den Obama daneben stellen können.“ Wir haben das Glück, dass wir in einer pro-ukrainischen Stadt sind. Trotzdem wollen wir die Situation nicht lange auskosten. Wir beobachten noch ein wenig, dann lassen wir den Fernseher zurück. Herr P. muss wieder ins Auto.
Erleichtert gratulieren wir uns gegenseitig: „Die Aktion war ein Erfolg“, findet Naomi. Ihr war es wichtig zu zeigen, dass Aktivismus in erster Linie Spaß machen soll. Dann kommen die Ergebnisse von alleine. „Das tragen die Leute hier jetzt sicher weiter.“
Der Tag geht mit einem Dinner am Meer zu Ende; in der Nacht verschwinden unsere Pappfiguren wieder aus dem Stadtbild. Wer sie wohin weg- oder mitgenommen hat, bleibt ein Rätsel.
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