Alya: „Ich habe im Krieg die Liebe meines Lebens gefunden.“
Alya, eine Studentin aus der Ukraine, spricht über ihr Leben im Krieg, die Suche nach einem sicheren Ort und dem Glück. Unsere Kolumnistin Iryna Hanenkova hat ihre Geschichte aufgeschrieben.
Mein Name ist Alya, ich bin lesbisch.
Ich habe den Beginn der Invasion in einem Studentenwohnheim in Charkiw erlebt. Ich komme aus dem Donbas und habe bereits 2014 ähnliches gesehen. Meine Familie lebt immer noch unter russischer Besatzung dort und hat keine Möglichkeit zu fliehen. Ich wollte das nicht nochmal durchmachen und beschloss zu handeln: Ich zog zu einem Freund in die Westukraine. Nachdem ich dort eine Weile gelebt hatte, wurde mir klar, dass es Zeit war, etwas zu ändern, und ich ging nach Polen, um dort zu arbeiten.
Es war sowohl physisch als auch psychisch sehr schwierig in dem neuen Land. Ich kannte niemanden, und hatte den Eindruck, dass mich dort niemand brauchte. Ich musste irgendwie überleben, arbeitete 12 Stunden am Tag, fast ohne Freizeit.
Nach drei Monaten beschloss ich, nach Hause zurückzukehren. Von da an wurde alles ein bisschen besser. Ich mietete eine Wohnung, fand einen Job in meinem Studienfach, meldete mich als IDP („internally displaced person“) und erhielt humanitäre Hilfe. Im Laufe des Jahres wurde ich selbstbewusster und reifer. Ich vergaß die Erholung nicht und reiste von Zeit zu Zeit. Außerdem belegte ich einen Kurs, um Webdesign zu lernen. Derzeit arbeite ich an Projekten für mein Portfolio.
Jede*r bestimmt den eigenen Platz
Ein Jahr später beschloss ich, nach Kyjiw zu ziehen, wo meine Patentante lebt. Ich hatte den Eindruck, dass ich mich dann weniger einsam fühlen würde. In Kyjiw war ich tatsächlich fröhlicher, aber gleichzeitig auch gefährdeter. Die Hauptstadt wird immer häufiger angegriffen. Ich besuchte Veranstaltungen von Insight und erhielt von ihnen humanitäre Hilfe, ebenso von der Gay Alliance Ukraine und KyivPride. In Kyjiw fand ich schließlich meine große Liebe. Den Menschen, von dem ich mein ganzes Leben lang geträumt hatte und den ich in diesem Moment so sehr brauchte. Wir zogen zusammen, und etwas in mir begann sich zu füllen und an seinen Platz zu fallen.
Meine Freundin war immer sehr um uns besorgt während der Raketenangriffe. Also schlug ich vor, dass wir ins Ausland gehen. So sind wir in Polen gelandet, von wo aus wir aber bald wieder in die Ukraine zurückkehrten. Obwohl der Ort, den ich als meine Heimat betrachte, heute noch besetzt ist und es nicht klar ist, wann ich in meine kleine Heimat zurückkehren kann, finde ich es doch cool, jetzt in der Ukraine in einer mehr oder weniger sicheren Stadt zu leben.
Die Menschen jagen oft einem „besseren Leben“ hinterher und vergessen dabei, was sie wirklich wollen und was sie glücklich macht. Alle haben ihr eigenes Leben und gehen ihren eigenen Weg. Meiner ist so.
So könnt Ihr helfen
EINZELFALLHILFE Munich Kyiv Queer unterstützt mit einer eigenen, privaten Spendenaktion über www.paypal.me/ConradBreyer die Menschen in der Ukraine, die in Not oder auf der Flucht sind. Denn nicht alle sind an ukrainische LGBTIQ*-Organisationen (s.u.) angebunden. Die Hilfe ist direkt, schnell und gebührenfrei, wenn Ihr auf PayPal die Option „Für Freunde und Familie“ wählt. Wer kein PayPal hat, kann alternativ an das Privatkonto von Conrad Breyer, Sprecher Munich Kyiv Queer, IBAN: DE42701500000021121454, Geld schicken.
Wir helfen unsere Freund*innen und Partnern. Alle Gesuche aus der Community werden in Zusammenarbeit mit unseren queeren Partner-Organisationen in der Ukraine akribisch geprüft. Können sie selbst helfen, übernehmen sie. Übersteigen die Anfragen die (finanziellen und/oder materiellen) Möglichkeiten der LGBTIQ*-Organisationen, sind wir gefragt.
HILFE FÜR LGBTIQ*-ORGANISATIONEN Wir haben zum Schutz von LGBTIQ* aus der Ukraine das Bündnis Queere Nothilfe Ukraine mitgegründet. Ihm gehören um die 40 LGBTIQ*-Organisationen in Deutschand an. Sie alle haben ganz unterschiedliche Kontakte in die Ukraine und sind bestens vernetzt mit Menschenrechtsorganisationen vor Ort, die Gelder für die Versorgung oder Evakuierung queerer Menschen brauchen. Spendet hier
Fragen? www.MunichKyivQueer.org/helfen
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