Die Community: Nicht ein Ort, sondern ein Gefühl
Voneinander lernen, gemeinsam kämpfen. Das ist das Motto, unter dem Munich Kyiv Queer seit Jahren queere Menschen aus der Ukraine zum „Volunteers Workhop“ nach München einlädt. Im Fokus: Das Ehrenamt. Das Ziel: Vermitteln, was die Community dank des Engagements ihrer Mitglieder alles erreichen kann! Im „Volunteers Blog“ schreiben unsere Gäste, was sie bewegt, heute wieder Oleksandra. Sie ist von der Wärme der queeren Zentren Münchens und ihrer Menschen überwältigt.
Ihr könnt sagen, was Ihr wollt: Der Mensch verhält sich manchmal wie ein Tier. Und wie für jedes Wesen aus dem Tierreich ist eines der wichtigsten Bedürfnisse das nach Sicherheit. Als wir in München LGBTIQ*-Zentren besuchten (gestern – Sub, heute – LeZ), hatten wir alle gemeinsam ein starkes Gefühl der Zuflucht.
Ein sicherer Hafen
Viele von uns waren von der Atmosphäre beeindruckt: warme Farben, Regale voller Bücher und Postkarten, Panoramafenster, viel Licht und kein Gefühl des Verstecktseins. Leider ist die ukrainische LGBTIQ*-Community aufgrund von Sicherheits- und Finanzproblemen sehr oft gezwungen, ihre Zentren in irgendwelchen Kellern unterzubringen. Das war vor dem Krieg jedenfalls meist der Fall.
Hier ist es nicht so. Man hat das Gefühl, in einem sonnendurchfluteten Wohnzimmer oder in der Küche zu sitzen und alte Freund*innen zu besuchen. So nehmen wir auch Katja und Miri vom LeZ (Bild ganz unten) schnell kaum mehr als Mitarbeiter*innen des LeZ wahr. Denn ein Zuhause ist kein Ort, sondern ein Gefühl.
Zweieinhalb Tage lang waren wir nun von einer Aura der Behaglichkeit umgeben. Angefangen von der herzlichen Begrüßung am Tag unserer Ankunft bis hin zu den leckeren Suppen, die Uwe, der Leiter unseres „Volunteers Workshops“, uns zum Mittagessen servierte.
Außerdem hatten wir Gelegenheit, zu erfahren, wie Deutschland mit queeren Geflüchteten arbeitet. Den Vortrag dazu hielt Annina (links oben im Bild). In ihren Augen sah ich persönlich neben Müdigkeit auch eine stählerne Entschlossenheit.
Ich möchte noch die Menschen erwähnen, die uns beherbergen. Kateryna erinnerte mich an diesen wichtigen Aspekt unseres Besuchs. „Das sind nicht nur Wohnungen, das sind Kunstwerke! Das sind Mini-Museen!“, sagt sie begeistert und beginnt, die Bücherregale, die Inneneinrichtung und die kleinen Dinge zu beschreiben. Und wieder geht es nur um Komfort. Dafür sorgen Sibylle, Sigrid und andere.
Der Krieg hat viele Menschen dazu gebracht, ihr Leben endlich zu genießen
Während Katia von Orten und Häusern inspiriert ist, bin ich es von Menschen: von Uwe (ich liebe ihn für seine Wärme und Energie), Sibylle (eine äußerst interessante Frau mit großem Lebenshunger, kreativ, klug), Christina (die uns von der Hikedykes erzählt hat, einer ganzen Gruppe von Frauen, die ständig in Bewegung sind und Abenteuer erleben wollen). Wenn ich jetzt anfange, alle aufzuzählen und sie mit Komplimenten zu überhäufen, wird der Blog nur noch daraus bestehen 😁.
Ich würde mir wünschen, dass es in unserer Gesellschaft zuhause in der Ukraine genauso ist, und zwar in gleichem Maße. Ja, der Krieg hat vieles verändert. Aber ich persönlich bin Menschen begegnet, die aufgrund der Umstände beschlossen haben, das Leben endlich in vollen Zügen zu genießen: Sie haben ihre alten Sehnsüchte verwirklicht, das getan, wovor sie Angst hatten.
Wenn die Gefahr besteht, jeden Tag, jede Minute von feindlichen Raketen oder Drohnen getötet zu werden, gibt es kein „Später“. Es gibt nur das „Jetzt“. Und wir sind mittendrin: So wie wir jetzt sind. Straight und queer, jung und alt, mutig und nicht so mutig…
Wenn mehr Menschen um uns herum die Kraft finden, sich selbst loszulassen (und damit andere zu inspirieren), wird die Welt vielleicht zumindest ein wenig anders werden. Ein sichererer und gemütlicherer Ort.
Am Freitag berichten Oleksandra und die anderen im LeZ mehr über ihre Woche in München.
Erzählcafé LGBTIQ*-Aktivist*innen aus der Ukraine berichten
Wann Freitag, 8. November 2024, 19 Uhr
Wo Lesbisch-Queeres Zentrum LeZ, Müllerstraße 26
Veranstaltende Gay Alliance Ukraine, LeZ, CSD München, Munich Kyiv Queer, Kulturreferat der Stadt München
So könnt Ihr helfen
EINZELFALLHILFE Munich Kyiv Queer unterstützt mit einer eigenen, privaten Spendenaktion über www.paypal.me/ConradBreyer die Menschen in der Ukraine, die in Not oder auf der Flucht sind. Denn nicht alle sind an ukrainische LGBTIQ*-Organisationen (s.u.) angebunden. Die Hilfe ist direkt, schnell und gebührenfrei, wenn Ihr auf PayPal die Option „Für Freunde und Familie“ wählt. Wer kein PayPal hat, kann alternativ an das Privatkonto von Conrad Breyer, Sprecher Munich Kyiv Queer, IBAN: DE42701500000021121454, Geld schicken.
Wir helfen unsere Freund*innen und Partnern. Alle Gesuche aus der Community werden in Zusammenarbeit mit unseren queeren Partner-Organisationen in der Ukraine akribisch geprüft. Können sie selbst helfen, übernehmen sie. Übersteigen die Anfragen die (finanziellen und/oder materiellen) Möglichkeiten der LGBTIQ*-Organisationen, sind wir gefragt.
HILFE FÜR LGBTIQ*-ORGANISATIONEN Wir haben zum Schutz von LGBTIQ* aus der Ukraine das Bündnis Queere Nothilfe Ukraine mitgegründet. Ihm gehören um die 40 LGBTIQ*-Organisationen in Deutschand an. Sie alle haben ganz unterschiedliche Kontakte in die Ukraine und sind bestens vernetzt mit Menschenrechtsorganisationen vor Ort, die Gelder für die Versorgung oder Evakuierung queerer Menschen brauchen. Spendet hier
Fragen? www.MunichKyivQueer.org/helfen
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