Put-In-Transformation auf dem Hans-Sachs-Straßenfest – Etwas Hirn gefällig?
Die Welt per Weitwurf wenden – Herr P. in Wartestellung.
München, 17. August 2013 – Viel Hirn hat er nicht abgekommen, hin und wieder ein bescheidenes Lächeln, ganz selten hat ihm jemand sein Herz geschenkt. Herr P. hat den Transformations-Versuchen der Münchner LGBT-Community am
Hans-Sachs-Straßenfest recht gut widerstanden.
Die Kyiw-Kontaktgruppe hat auf dem Geburtstagsfest des Münchner Schwulenzentrums Sub mit einem eigenen Stand über ihre Arbeit informiert und dort auch eine Pappmaché-Figur von
Wladimir Putin aufgestellt. Morgens noch hatte
Munich Kyiv Queer mit der gesamten Münchner Szene am Stachus erfolgreich gegen die Franzosen demonstriert; nachmittags ging es dann um die Russen.
Die französische Bewegung
La manif pour tous hatte am Karlsplatz zum Protest gegen die Ehe-Öffnung für Homosexuelle aufgerufen; gefolgt waren der Einladung aber vor allem Leute aus der Münchner Lesben-, Schwulen- und Trans-Community. 150 gegen 60 – so etwa lagen die Verhältnisse; die Münchner Lesben, Schwulen und Transidenten haben die Homo-Gegner – unter ihnen der rechte Münchner (!) Stadtrat Karl Richter – niedergeschrien, bis sie aufgegeben haben. Unter Polizeischutz traten die eingekesselten Katholiken schließlich die Rückreise per Tram an.
Fröhlich beim Fahnenschwenken – der Rest war Schweigen. Bild: Conrad Breyer
Mit Wladimir Putin, Russlands Präsident, würde es so einfach nicht werden – das war allen klar. Die Münchner Künstlerin
Naomi Lawrence hat die Figur entworfen. Sie war schon auf dem CSD zum Einsatz gekommen, in einem Papppanzer sitzend, hinter sich einen Sarg für „Human Rights“ herziehend. Fünf Gegenstände mit guten Wünschen sollten die Leute in Herrn P.s hohlem Kopf platzieren etwa ein Knautsch-Smiley gegen Brutalität, ein Hirn für Weisheit und ein Herz gegen Hass. Allerdings ist es nur einem einzigen Mann gelungen, mit allen fünf Geschossen zu treffen und den Hauptpreis zu gewinnen (ein Federmäppchen des Münchner Labels
Pulpo). Können Lesben und Schwule, auch Transgender eben doch nicht werfen oder strahlt Herr P. zu viel negative Energie ab?
Pulpo-Preise für gute Wünsche. Bild: Conrad Breyer
So mancher Wurf ging ins Leere, prallte an Putins Hut ab oder fiel in den Dreck. Nicht selten haben unsere Zelt-Gäste die Spielregeln missinterpretiert und ihre „guten Wünsche“ Putin einfach ins Gesicht geworfen. Verständlich, aber nicht zielführend.
Stephan Schoeneich vom
MLC hat Herrn P. gar zu Fall gebracht. Ein echter Umsturz.
Putin? Ich? Nein. Sibylle von Tiedemann (Munich Kyiv Queer) mit Grünen-Stadträtin Lydia Dietrich (l.). Bild: Conrad Breyer
Immerhin haben sich die Besucherinnen und Besucher des schwulen Straßenfestes, das jedes Jahr nach Maria Himmelfahrt vom Sub organisiert wird, mit dem Thema Menschenrechte auseinandergesetzt und dabei jede Menge Spaß gehabt. „Find ich wirklich klasse, was Ihr da tut“, meinte ein Mitspieler, „gerade weil es so spielerisch ist. Das prägt sich ein.“ Ganz nebenbei hat die Kontaktgruppe Munich Kyiv Queer, die sich eigentlich für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender in der Ukraine einsetzt, so Spenden für ihre Arbeit gesammelt. 210 Euro sind zusammengekommen, aus denen Munich Kyiv Queer nun ihre Projekte und Aktionen teilfinanzieren kann. Die Kontaktgruppe koordiniert die Zusammenarbeit der Kyiwer und Münchner LGBT-Community; es geht um einen Erfahrungs-, Wissens-, fachwissenschaftlichen und kulturellen Austausch, auch um eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit. Wir danken allen Spenderinnen und Spendern!
Wirf Hirn – aber niemand trifft in Putins hohlen Kopf. Bild: Conrad Breyer
Recht viel Politprominenz hat sich nachmittags am Stand sehen lassen – also eigentlich nur Mitglieder der Grünen.
Lydia Dietrich war da; die Stadträtin war im Mai mit in Kyiw beim Pride. Der Grüne
Beppo Brem führte
Margarete Bause, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag („Margarete, Du bist doch Bildungspolitikerin, wirf Hirn in Putins Kopf“), und die grüne OB-Kandidatin
Sabine Nallinger am Stand vorbei; später kam noch
Claudia Stamm , die als Sprecherin für Gleichstellung seit jeher für LGBT-Rechte einsteht. Erst im Juli hatte sie in der Pride Week zum Queeren Vernetzungstreffen ins Maximilianeum eingeladen –unsere Gäste aus Kyiw saßen in der ersten Reihe. Sie alle haben sich an der Putin-Transformation versucht, mit bescheidenem Erfolg und doch ist sich
Naomi Lawrence sicher: „Wenn wir uns nur alle das, was wir geworfen haben, ganz fest wünschen, wird sich das Wesen des Wladimir Putin ändern“, sagt sie und lacht. Wir werden sehen.
Herr P. musste übrigens trotz heftiger Gegenwehr nicht unter Polizeischutz in die U-Bahn geleitet werden. Er wurde zweigeteilt, kam ins Auto und wartet jetzt wieder in Naomi Lawrences Werkstatt auf seinen nächsten Einsatz – und zwar beim Kiss-In am 8. September vor dem Russischen Generalkonsulat. Seine (Ex-)Frau freut sich schon.
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