„Der Krieg hat all unsere Pläne zerstört“

Sie hatten Großes vor. Ihr Haus renovieren, das Land bereisen, heiraten. Dann aber kam alles ganz anders. Inzwischen sind Alex und Galina froh, wenn sie sich etwas zu essen kaufen können. Eine Geschichte aus Charkiw, kuratiert von unserer Partner-Organisation „You are not alone“ in Schytomyr.

Wir sind eine Regenbogenfamilie: ich, Alex, meine Frau Galina und ihre Mutter – eine wunderbare, akzeptierende Frau, vor der ich mich tief verneige. Und unsere Katze Lucy.

Wir leben jetzt in Charkiw, aber ursprünglich kommen wir aus Slowjansk. Ich bin Chefkoch mit 20 Jahren Berufserfahrung. Wir haben viel gearbeitet, und immer, wenn wir einen freien Tag hatten, haben wir alte Städte besucht. Wann immer es möglich war, haben wir im Voraus eine Route ausgearbeitet, Fotos gemacht oder sind alles abgewandert. Es war einfach toll!

Ein Gefühl von Surrealismus

Am 24. Februar wachte ich gegen 6 Uhr morgens auf, scrollte durch Facebook. Ein Gefühl von Surrealismus ergriff mich, wie eine kalte Dusche.

Ich habe meine Frau mit den Worten geweckt: ‚Mein Schatz, da draußen ist Krieg‘. Und dann war plötzlich alles weg: der Job, die Pläne für den Sommer, die alltäglichen Momente, von den kleinen Dingen bis zur Reparatur unseres alten Hauses.


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Das Leben ist seitdem klar unterteilt in „vor dem Krieg“ und „jetzt“. Wir hatten auch geplant, irgendwo in Europa zu heiraten, was sich ebenfalls zerschlug.

Im März wurden unsere Freunde aus Charkiw evakuiert und sie boten uns an, in ihre Wohnung zu ziehen. Jetzt kümmern wir uns um ihre Blumen und Fische. Nur hatten wir von heute auf morgen nichts mehr, wofür wir auch nur einen Laib Brot hätten kaufen können.

Auch Lucy hat schließlich Hunger

Außerdem kann man den Tieren nicht erklären, warum sie nicht gefüttert werden. Unsere Nerven spielten verrückt, die gesundheitlichen Probleme verschlimmerten sich. Alles kam aufs Mal – kein Essen, keine Tampons, keine Schmerzmittel. Gott sei Dank verlangt die Stadt Charkiw im Moment nicht, dass wir für Nebenkosten aufkommen.

Familientiger Lucy. Foto: privat

Irgendwann schrieb unser Freund auf Telegram: ‚Alex, es gibt eine Organisation („You are not alone“, Anm. d. Red.), die wirklich hilft, schreib die mal an‘. Wir haben sie nicht sofort kontaktiert. Es war uns sehr peinlich, um Hilfe zu bitten.

Leben in der Wüste

Aber es hat alles super geklappt. Schon am nächsten Tag bekamen wir eine Antwort. Wir haben das Geld per Kartenüberweisung erhalten. Danach liefen wir sofort zur Apotheke, kauften Futter für die Katze und erst dann Kartoffeln, Mehl und ein Huhn für uns.

Stellt Euch vor, Ihr seid in der Wüste und habt drei Tage lang nichts getrunken, und dann stellt man euch einen Kanister mit kühlem Wasser hin. Genau so fühlte sich das an. Das hat uns gerettet.

So könnt Ihr helfen:

Einzelfallhilfe

Munich Kyiv Queer unterstützt mit einer eigenen, privaten Spendenaktion über www.paypal.me/ConradBreyer die Menschen in der Ukraine, mit denen wir in den vergangenen zehn Jahren eng zusammengearbeitet haben. Das istdirekt, schnell und gebührenfrei, wenn Ihr die Option „Geld an einen Freund senden“ wählt. Wer kein PayPal hat, kann alternativ an das Privatkonto von Conrad Breyer, IBAN: DE42701500000021121454, Geld schicken. Wir helfen unsere Freund*innen und Partnern. Wir kennen sie persönlich und wir vermissen sie schmerzlich.

Hilfe für LGBTIQ*-Organisationen

Wir haben zum Schutz von LGBTIQ* aus der Ukraine das Bündnis Queere Nothilfe Ukraine mitgegründet. Ihm gehören um die 40 LGBTIQ*-Organisationen in Deutschand an. Sie alle haben ganz unterschiedliche Kontakte in die Ukraine und sind bestens vernetzt mit Menschenrechtsorganisationen vor Ort, die Gelder für die Versorgung oder Evakuierung queerer Menschen brauchen. Spendet hier

Fragen? www.MunichKyivQueer.org/helfen

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