„Wir erwarteten das Grauen“

Die offen lesbische Soldatin Irina Petrova dient mit ihrer Einheit in der Region Odesa. Unsere Kollegin und Aktivistin Iryna Hanenkova hat sie gebeten, ein paar Eindrücke aus ihrem Leben in der Armee zu schildern. Sie hat sich entschieden, über den Beginn des Krieges zu schreiben.

Als wir am 24. Februar aufwachten, hatte der Krieg begonnen. Wir dachten zuerst an einen Scherz, aber leider war es ernst.

Ich bin Soldatin, lebe und arbeite in der Armee. An dem Tag ging alles ganz schnell: Unsere Führungskräfte zogen aus, nur meine Kompanie und der Kommandant blieben zurück. In dem Moment wurde mir klar, welches Grauen uns erwartete: die Hölle auf Erden.

Wir nahmen sämtliche Waffen und zogen los in den Wald, denn die feindlichen Stellungen waren nur 20 bis 30 Kilometer von unserem Standort entfernt.

Wir blieben etwa zwei Wochen dort. Es war sehr hart: Es gab fast keine Lebensmittel, wir mussten lange Zeit auf trockene Notverpflegung warten. Durchgehalten haben wir nur dank der Unterstützung ehrenamtlicher Freiwilliger und unseres Staates.

Sexuelle Orientierung spielt hier keine Rolle

Ich weiß noch, wie die Russen in unser Lagerhaus eindrangen. Wir sammelten uns rasch und zogen ab an einen ruhigeren Ort. Wir trugen kugelsichere Westen, waren aber unbewaffnet, weil wir unsere Position abrupt verlassen mussten. Auf dem Weg zu diesem Ort hatten wir noch dazu einen Unfall, und als wir beim Luftalarm raus dem Bus in die Steppe rannten, lagen da überall Minen. Hart das alles.

Seitdem kämpfen wir. Vor ein paar Wochen sind wir aus dem umkämpften Mykolajiw zurückgekehrt. Und es spielt keine Rolle, welche sexuelle Orientierung oder welche Gender-Identität mensch hat. Schließlich verteidigen wir alle miteinander unser Heimatland. Das möchte ich betonen: Wir sind alle in der gleichen Situation und daher bereit, uns gegenseitig zu unterstützen, egal was passiert. Bis zum letzten!

So könnt Ihr helfen:

Einzelfallhilfe

Munich Kyiv Queer unterstützt mit einer eigenen, privaten Spendenaktion über www.paypal.me/ConradBreyer die Menschen in der Ukraine, mit denen wir in den vergangenen zehn Jahren eng zusammengearbeitet haben. Das istdirekt, schnell und gebührenfrei, wenn Ihr die Option „Geld an einen Freund senden“ wählt. Wer kein PayPal hat, kann alternativ an das Privatkonto von Conrad Breyer, IBAN: DE42701500000021121454, Geld schicken. Wir helfen unsere Freund*innen und Partnern. Wir kennen sie persönlich und wir vermissen sie schmerzlich.

Hilfe für LGBTIQ*-Organisationen

Wir haben zum Schutz von LGBTIQ* aus der Ukraine das Bündnis Queere Nothilfe Ukraine mitgegründet. Ihm gehören um die 40 LGBTIQ*-Organisationen in Deutschland an. Sie alle haben ganz unterschiedliche Kontakte in die Ukraine und sind bestens vernetzt mit Menschenrechtsorganisationen vor Ort, die Gelder für die Versorgung oder Evakuierung queerer Menschen brauchen. Spendet hier

Fragen? www.MunichKyivQueer.org/helfen

Zurück zur Übersicht