„Ich bin AUS der Ukraine. Ich bin IN der Ukraine“
Die bekannte Ausstellung hängt ab Freitag, 20. Januar, im Lesbisch-queeren Zentrum LeZ. „Ich bin AUS der Ukraine. Ich bin IN der Ukraine“ gibt Einblicke in die Schicksale queerer Menschen aus der Ukraine jetzt im Krieg. Bis Ende Februar sind die zwölf Fotocollagen in der Müllerstraße 26 zu sehen. Kuratiert hat sie unser Partner KyivPride.
Im November waren sie zuletzt im Schwul-queeren Zentrum SUB, im Sommer plakatierte diversity München die zwölf Portraits ukrainischer LGBTIQ* in den Schaufenstern seines Cafés. Queere Menschen aus der Ukraine beschreiben ihr Leben im und mit dem Krieg. Die einen kämpfen, manche helfen, andere sind geflohen. Jetzt macht die Ausstellung die Runde und kommt nochmal ins LeZ.
Was tun? Bleiben, gehen?
Im Krieg geht es immer um Entscheidungen: Soll ich das Land verlassen? Bleibe ich? Wie kann ich meine Familie, Freund*innen und nicht zuletzt die Community unterstützen, der ich selbst viel zu verdanken habe.
Die zwölf Porträts von „Ich bin IN der Ukraine. Ich bin AUS der Ukraine“ geben Antworten. Lesbische, schwule, bisexuelle, non-binäre, trans* und queere Menschen aus der Ukraine erzählen uns ihre Geschichten. Drei von ihnen stellen wir hier vor. Da ist zum Beispiel:
Boris, schwul, 26 Jahre alt, LGBTIQ*-Aktivist aus Kyjiw
Verlassen können hätte er die Ukraine aufgrund der Generalmobilmachung ohnehin nicht. Aber Boris hat sich gleich freiwillig gemeldet. Er war schon mal Teil der Streitkräfte und findet: „Dies ist der Moment der Wahrheit, in dem wir tatsächlich hier sein und unser Land beschützen müssen.“
Boris hat bis zum 24. Februar als LGBTIQ*-Aktivist für ein demokratische und tolerante Ukraine gearbeitet. Er hatte große Pläne, für seinen Job, privat – Boris wollte viel reisen, aber dann brach der Krieg aus.
„Es ist schwer zu übersehen, dass sich die Gesellschaft jetzt radikalisiert. Aber das war zu erwarten. Dafür sehen wir zum ersten Mal in der Weltgeschichte, dass die LGBTIQ*- Community an der Front breit vertreten ist; viele kämpfen offen.“ Seine Hoffnung ist, dass das nach dem Krieg ein mächtiges Advocacy-Instrument sein wird, um eine wirklich inklusive Ukraine aufzubauen.
Luli, trans* Frau, 27 Jahre alt, Animationskünstlerin aus Lwiw
Kurz vor dem Krieg waren Luli und ihr Partner nach Lwiw gezogen. Sie lieben diese Stadt, planten, dort ein Haus zu kaufen. „Das Geld dafür haben wir jedoch längst für den Kauf eines Autos verwendet, um die Armee zu unterstützen.“ Überhaupt spendet Luli jede Hrywnja, die sie übrig hat, an die Streitkräfte.
Wie viele IT-Leute arbeitet sie jetzt im Info-/Cyber-Bereich, darf aber keine Details preisgeben. Sie blieb in der Ukraine, weil sie keine Gelegenheit hatte, auszureisen.
Ihr Coming-out hatte Luli erst während des Krieges, weil sie das Gefühl nicht los wurde, jeden Tag sterben zu können. Sie wollte sich nicht länger verstecken. Und sie merkt, dass die Menschen positiv darauf reagieren: „Hassrede wird von der Gesellschaft aktiv verurteilt. “ Alles andere ergäbe auch keinen Sinn, meint sie. LGBTIQ* jetzt zu Feinden zu erklären, würde nur dem Gegner in die Hände spielen.
„Wir alle haben einen Hass und das ist richtig. Aber nach dem Sieg muss man mit diesem Hass arbeiten, damit er nicht zu etwas anderem führt. Ja, ich sehe Fortschritt, Freiheit, Toleranz und den Regenbogen, aber die Wunden in der Gesellschaft werden noch lange nicht heilen.“
Angelina, pansexuelle Frau, Content-Managerin in Trutnov, Tschechien, 21 Jahre alt
Angelina kommt aus Kyjiw, wo sie geboren ist und ihr ganzes Leben verbracht hat. Jetzt lebt sie in Trutnov, Tschechische Republik. Sie sagt, es sei ziemlich einfach gewesen, sich für die Flucht zu entscheiden. Den Verwandten, bei denen sie kurzfristig untergekommen waren, wollten sie nicht länger zur Last fallen. Die Flucht war anstrengend, aber jetzt haben sie es gut. Angelina ist den Tschech*innen sehr dankbar.
Sie vermisst ihr altes Leben sehr: Angelina hat als Content-Managerin gearbeitet, als Fotografin war sie für verschiedene Cafés unterwegs, nahm an Frauenmärschen und dem Pride teil. Und jetzt kann sie das alles nicht mehr tun. Sie hilft, wo sie kann, muss aber erstmal Tschechisch lernen. „Es stellt sich heraus, dass es gar nicht so schwierig ist.“ Sie will neu anfangen, studieren.
Nach dem Sieg sieht sie eine unabhängige Ukraine. „Neue Werte, die nicht Russland uns aufgezwungen hat. Werte, die wir frei wählen. Keine Diskriminierung, weil es rechtlich geahndet wird. Freiheit für LGBTIQ* ist etwas, das ich wirklich gerne hätte.“
Alle Frauen* und Männer* hat der KyivPride in den vergangenen Monaten zu ihrem Leben vor und nach dem Kriegsausbruch befragt, selbst fotografiert oder sich Bilder schicken lassen. Herausgekommen sind berührende Portraits von Menschen aller möglichen Gender-Identitäten und sexuellen Orientierungen, die sich mutig ihrem Schicksal stellen.
Wann: Freitag, 20. Januar, bis Donnerstag, 23. Februar 2023
Wo: LeZ, Müllerstraße 26, München
Kontakt: info@MunichKyivQueer.org
Veranstaltende: KyivPride, LeZ, Munich Kyiv Queer
So könnt Ihr helfen
EINZELFALLHILFE Munich Kyiv Queer unterstützt mit einer eigenen, privaten Spendenaktion über www.paypal.me/ConradBreyer die Menschen in der Ukraine wie Marina. Denn nicht alle LGBTIQ* sind an queere Organisationen angebunden. Das ist direkt, schnell und gebührenfrei, wenn Ihr die Option „Geld an Familie & Freunde senden“ wählt. Wer kein PayPal hat, kann alternativ an das Privatkonto von Conrad Breyer, IBAN: DE42701500000021121454, Geld schicken. Wir helfen unsere Freund*innen und Partnern. Wir kennen sie persönlich und wir vermissen sie schmerzlich.
HILFE FÜR LGBTIQ*-ORGANISATIONEN Wir haben zum Schutz von LGBTIQ* aus der Ukraine das Bündnis Queere Nothilfe Ukraine mitgegründet. Ihm gehören um die 40 LGBTIQ*-Organisationen in Deutschland an. Sie alle haben ganz unterschiedliche Kontakte in die Ukraine und sind bestens vernetzt mit Menschenrechtsorganisationen vor Ort, die Gelder für die Versorgung oder Evakuierung queerer Menschen brauchen. Spendet hier
Fragen? www.MunichKyivQueer.org/helfen
UNTERKUNFT FÜR QUEERE GEFLÜCHTETE AUS DER UKRAINE „Home is where the heart is“, lautet ein englisches Sprichwort, aber ein Herz alleine schafft noch keinen Wohnraum. Wir kümmern uns deshalb gemeinsam um Unterkünfte für queere Menschen. Wir mieten je nach Verfügbarkeit Zwei-, Drei-, Vier- oder Fünf-Zimmer-Wohnungen an und vermieten sie an Bedürftige in Form von Wohngemeinschaften weiter. Noch hat unser Verein keine Förderung, deshalb sind wir auf Spenden angewiesen. Wir müssen zum Beispiel Mieten und Kautionen vorstrecken, bis das Jobcenter einspringt.
- Münchner Bank eG
- IBAN DE16 7019 0000 0003 1425 66
- Munich Queer Homes e.V.
Fragen? https://munichkyivqueer.org/munich-queer-homes/
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