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„Als der Beschuss begann, hatte ich wirklich Angst“

09.12.2023 | cb — Keine Kommentare
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Pawel wurde eingezogen, noch bevor Russland seinen vollumfänglichen Krieg lostrat. Als der erste Schuss fiel, war Pawel dann bereits im Schützengraben. Seitdem kämpft er. Für ihn als schwulen Mann ist das doppelt schwer: Da ist die Angst vor dem Feind, die Panik vor dem Outing und die ständige Sorge um seinen Freund, der ebenfalls dient. Wie Pawels Kamerad:innen mit seiner sexuellen Orientierung umgehen, hat unsere Kolumnistin Iryna Hanenkova für uns protokolliert. Soviel sei vorweggenommen: Leicht hat es Pawel nicht.

Mein Name ist Pasha, ich bin 22 Jahre alt. Ich bin beim Militär, als Flugabwehrkanonier, und ich bin schwul.

Mein Dienst begann mit der Einberufung zum Wehrdienst. Als Russland seinen Krieg gegen die Ukraine entfesselte, wurden wir automatisch eingezogen. In der Armee wusste erst niemand etwas über mich, bis mich die Kamerad*innen beim Chatten erwischt haben. Der Chat war ziemlich eindeutig ;).

Nach und nach wussten alle Bescheid. Die Leute lästerten, manchmal bezog ich Prügel.

Niemand hatte an einen Krieg geglaubt

Als der Krieg losging, war das für mich schwierig. Ich war noch nie im Krieg und ich war auch nicht dafür ausgebildet.

Wir hatten nicht so recht daran geglaubt, dass es tatsächlich Krieg geben könnte. Man sagte uns, wir sollten gehen, also gingen wir, gruben Gräben und warteten einfach ab. Als dann der Beschuss kam, bekam ich wirklich Angst. Unsere Kommandanten haben es mit Witzen versucht, damit wir nicht in Panik gerieten.

Was meine Orientierung anging, war das vielen Leuten egal. Wir hatten eine Aufgabe, und die erfüllten wir. Wenn es ruhiger war, brachten die Jungs manchmal das Thema auf. Blödes Zeug, Witze, ohne etwas davon zu verstehen.

Manchmal hat es mich verletzt, manchmal haben wir gestritten. Aber im Allgemeinen bereitetet mir meine sexuelle Orientierung keine großen Schwierigkeiten. Die meisten Jungs akzeptieren die Tatsache, dass ich schwul bin.

Auch Freund Vlad kämpft an der Front

Was meinen Freund angeht: Eine Fernbeziehung zu führen, ist wirklich sehr schwierig, vor allem im Krieg. Als Vladyslav und ich zusammenkamen, war er noch ein Zivilist. Wir haben uns dann entschieden, dass auch er zum Militär gehen sollte. Er dient in der Region Volyn.

Anfangs war alles so romantisch. Als ich in Mykolajiw war, habe ich Vladyslav kennengelernt. Wir schrieben uns eine Woche lang SMS und riefen einander an. Danach kam er zu mir, und wir beschlossen, zu daten. Das ist lange her.

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